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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Verlag Schnell & Steiner [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Statuten der Wilhelmiten (1251-1348): Zeugnisse der Verfassung eines europäischen Ordens : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 5: Regensburg: Schnell + Steiner, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.53725#0057
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Einleitung

53

Gast in einem Wilhelmitenkonvent an alle Vorgaben des Ortspriors zu halten.108
Nach benediktinisch-zisterziensischem Modell schworen wilhelmitische Neupro-
fessen ihrem Konventsprior Gehorsam, nicht dem Ordensgeneral. Wilhelmiten
waren zudem an ihr Eremitorium gebunden. Versetzungen sollten nur mit Ge-
nehmigung des Generals oder Provinzials bzw. der entsprechenden General- und
Provinzkapitel möglich sein.
Während diese Provinzkapitel jährlich an verschiedenen Orten (der dem Al-
ter folgenden Reihe nach) stattfanden, wurde das italienische Provinzkapitel alle
vier Jahre durch die Teilnahme von Vertretern aus der französischen und deut-
schen Provinz zum Generalkapitel erweitert. In jedem Schaltjahr (seit 1271 zum
Pfingstfest) sollte es zum institutionalisierten Ort beständigen Reformierens des
Ordens werden, bei dem der französische und der deutsche Provinzial (oder de-
ren Vertreter) mit jeweils drei kanonisch gewählten Brüdern zu erscheinen hatten,
von denen wiederum zwei zu Mitgliedern des Definitoriums (neben dem General
und den Provinzprioren) ernannt wurden. Ausnahmen bildeten die Generalkapi-
tel von Rom und Mazzapalu.109 Das dem Generalkapitel vorsitzende Definitori-
um setzte sich demnach aus insgesamt neun Brüdern zusammen.110
Zwar war der Generalprior durch seine ständige Mitgliedschaft und seine im
Falle einer Pattsituation ausschlaggebenden Stimme in den Definitorien der Ge-
neralkapitel an Gesetzgebung, Finanzverwaltung und Strafgericht111 maßgeblich
beteiligt und sind die Statuten voll von Bestätigungsrechten und Dispensmöglich-
keiten durch den Generalprior, dennoch wurden sie im Laufe der Zeit immer
stärker dem Generalkapitel und nicht zuletzt den Provinzprioren und -kapiteln
zugebilligt. Diese Machtbeschränkung eines einzelnen Ordensoberhauptes durch
das die Gemeinschaft institutionell verkörpernde Generalkapitel, mithin die Ein-
bindung dieses Ordensoberhauptes in eine stärker konstitutionelle Monarchie ist
indes keine Seltenheit innerhalb der mittelalterlichen Ordenslandschaft. Sie ist im
Gegenteil gängige Praxis und ereilte selbst den Abt von Cluny.112

wieder in Kraft gesetzt. Hierzu siehe die Diskussion, oben, S. 33 und S. 38, sowie die Statuten,
unten, S. 244 und 282.
108 Dazu auch Elm, Beiträge zur Geschichte, S. 125-126.
109 Siehe dazu die Schilderungen, oben, S. 35-35 und S. 43-44.
110 Siehe das B.l (Prologus), unten, S. 174.
111 Vgl. erneut auch Elm, Beiträge zur Geschichte, S. 125-126.
112 Dazu Melville, The Abbot of Cluny at the Turning Point from the Charismatic-Traditional to
Legal Authority, bes. S. 162-164.
 
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