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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Verlag Schnell & Steiner [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Statuten der Wilhelmiten (1251-1348): Zeugnisse der Verfassung eines europäischen Ordens : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 5: Regensburg: Schnell + Steiner, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.53725#0058
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54

Einleitung

Die wilhelmitischen Generalprioren hatten sich unterdessen ebenso einer Visi-
tation zu unterziehen, nicht aber explizit im Rahmen des Generalkapitels, sondern
durch die drei Prioren der ehrwürdigsten Eremitorien Tusziens (Sant’Angelo,
Montebello und Acerona).113 Einmal mehr sind Ähnlichkeiten etwa zu den Zis-
terziensern gegeben, bei denen ganz den Linien des Filiationsverbandes verhaftet
die vier Primaräbte der Tochterabteien (La Ferte, Pontigny, Morimond und Clair-
vaux) den Abt von Citeaux visitierten.114 Auch die beiden Prioren der altehrwür-
digen Konvente von Sant’Angelo und Acerona konnten zwischen den Generalka-
piteln die Absetzung des Generals zumindest in die Wege leiten.115
Anders als der Generalprior, wurden die Provinzprioren für eine vierjährige
Amtszeit gewählt. Vier aus der Provinz bestimmte Definitoren sollten die Kon-
ventsprioren und die Visitatoren auf Abweichungen und Fehlverhalten kontrol-
lieren. Die jährliche Visitation, die sich in ihrem Ablauf ganz am zisterziensischen
Modell orientierte, erfolgte gemäß der Statuten in der Regel durch vom Provinz-
kapitel bestellte Visitatoren. Konvente allerdings, die ein Mutterkloster ex anti-
qua constitutione besaßen, sollten ausdrücklich von eben diesem Mutterkloster
visitiert werden.116 Dies betraf nicht nur, aber vor allem italienische Konvente.117
Erneut kam also das am Vorbild der Zisterzienser orientierte Filiationssystem sys-
temisch überlappend zum Tragen, das die Amtsgewalt der Provinzprioren par-
tiell beschnitt. Im Jahr 1348 allerdings beschloss das Generalkapitel, dass jeder
Provinzial in einem Schaltjahr gemeinsam mit einem Vertrauten {discretus) seine
komplette Provinz visitieren solle.118 Damit war jene Überlappung zumindest in
Ansätzen eingeschränkt und abgefedert worden.
Jenes Filiationssystem aber begegnete noch auf andere Weise: Um als Kandidat
für das Priorenamt in einem bestimmten Eremitorium geeignet zu sein, musste
selbiger seine Profess in einem zum Filiationsverband eben dieses Eremitoriums
gehörigen Konvent abgelegt haben. Dennoch wurde der auf Lebenszeit gewähl-
te Konventsprior vom Provinzial bestätigt. Provinziale wiederum erhielten ihre
Bestätigung vom Generalprior und -kapitel.
Richtig hat Kaspar Elm darauf hingewiesen, dass das bereits außerordentlich
komplexe Rechtsgefüge mit dieser Verschränkung aus Filiationsverband und Pro-
113 Vgl. die Statuten A.83 (Visitation gemäß der Regel und constitutiones) und H.4, unten, S. 164
und 318.
114 Dazu ausführlich Oberste, Visitation und Ordensorganisation, S. 57-159, bes. S. 74, 92-94 und
150.
115 Siehe das Beispiel des Generalpriors Johannes, oben, S. 43.
116 Siehe das Statut B.2, unten, S. 180.
117 Dazu u. a. Elm, Beiträge zur Geschichte, S. 130.
118 Siehe das Statut G.21, unten, S. 304.
 
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