Appendix
367
Weiterhin beruht die Einheit hier wie dort in der einen Liebe, die das Gesetz
Gottes, vielleicht sogar Gerechtigkeit, genannt werden kann - die Vielfalt aber
hier freilich in einer vielfachen Aufteilung der Orden und Werke, dort jedoch in
einer äußerst bekannten, allerdings geordneten Unterscheidung der Verdienste.180
Aber vielleicht glaubt irgendeiner, der sich den vorhergenannten Autoritäten
nicht entgegenstellt, dass es erlaubt ist, wenn es viele Orden in der Kirche un-
ter verschiedenen Gelübden unterschiedlicher Regeln gibt, dass es sich aber nicht
ziemt, wenn verschiedene Orden unter einem Gelübde (ein und dieselben) Re-
geln verschiedenartig ausleben. Hinsichtlich dieser Sache ist jedoch das Wort des
heiligen Bernhard in Betracht zu ziehen, der sagt:
„Wer sich deshalb für meineidig hält, weil er die Regel nicht in voller Reinheit
beachtet, scheint mir nicht genügend einzuhalten, was er geschworen hat. Nie-
mand gelobt ja, wenn er Profess ablegt, ,diec Regel, sondern jeder verspricht aus-
drücklich seine Bekehrung und seinen zukünftigen Lebenswandel ,nach derc Re-
gel auszurichten. Das ist in unserer Zeit die fast allen Mönchen gemeinsame Pro-
fessform. Und mag man auch in verschiedenen Klöstern nach verschiedenen Ob-
servanzen Gott dienen: Solange einer die guten Gebräuche seines Klosters sorg-
fältig beobachtet, besteht kein Zweifel, dass er nach der Regel lebt, da ja gute Ge-
bräuche zur Regel nicht im Widerspruch stehen. Wer also das einhält, was er am
Ort, an dem er Profess ablegt, Gutes eingehalten findet, der lebt tatsächlich so, wie
er gelobt, weil keiner etwas anderes verspricht als das, was offensichtlich das got-
tesfürchtige Leben derer beinhaltet, mit denen er künftig zu leben sich entweder
vornimmt oder entschließt.“181
Ferner: Ebenso wie nicht alle, selbst die guten Christen, alles einhalten, was
im Evangelium steht, so ist dies auch bei allen, die beschlossen haben, gemäß der
Regel zu leben. Auch wenn sie sozusagen nicht alles vollständig aufs Haar genau
und ganz beachten, und wenn sie zugunsten des Brauchs ihres Klosters entweder
etwas ändern oder übergehen, weichen sie doch keineswegs von der Regelprofess
ab, solange sie nicht ablassen, nach der Gepflogenheit ihrer Mitbrüder gerecht,
enthaltsam und fromm zu leben. Schließlich bezeugt die Regel selbst den achten
Grad der Demut: „Der Mönch tut nur, wozu die gemeinsame Regel des Klosters
und das Beispiel der Älteren mahnen (RB, VII, 55).“182
180 Bernardus Claraevallensis, Apologia ad Guilelmum abbatem, IV, 8, S. 160.
181 Bernardus Claraevallensis, De praecepto et dispensatione, 47, S. 410-412.
182 Bernardus Claraevallensis, De praecepto et dispensatione, 48, S. 410-412.
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Weiterhin beruht die Einheit hier wie dort in der einen Liebe, die das Gesetz
Gottes, vielleicht sogar Gerechtigkeit, genannt werden kann - die Vielfalt aber
hier freilich in einer vielfachen Aufteilung der Orden und Werke, dort jedoch in
einer äußerst bekannten, allerdings geordneten Unterscheidung der Verdienste.180
Aber vielleicht glaubt irgendeiner, der sich den vorhergenannten Autoritäten
nicht entgegenstellt, dass es erlaubt ist, wenn es viele Orden in der Kirche un-
ter verschiedenen Gelübden unterschiedlicher Regeln gibt, dass es sich aber nicht
ziemt, wenn verschiedene Orden unter einem Gelübde (ein und dieselben) Re-
geln verschiedenartig ausleben. Hinsichtlich dieser Sache ist jedoch das Wort des
heiligen Bernhard in Betracht zu ziehen, der sagt:
„Wer sich deshalb für meineidig hält, weil er die Regel nicht in voller Reinheit
beachtet, scheint mir nicht genügend einzuhalten, was er geschworen hat. Nie-
mand gelobt ja, wenn er Profess ablegt, ,diec Regel, sondern jeder verspricht aus-
drücklich seine Bekehrung und seinen zukünftigen Lebenswandel ,nach derc Re-
gel auszurichten. Das ist in unserer Zeit die fast allen Mönchen gemeinsame Pro-
fessform. Und mag man auch in verschiedenen Klöstern nach verschiedenen Ob-
servanzen Gott dienen: Solange einer die guten Gebräuche seines Klosters sorg-
fältig beobachtet, besteht kein Zweifel, dass er nach der Regel lebt, da ja gute Ge-
bräuche zur Regel nicht im Widerspruch stehen. Wer also das einhält, was er am
Ort, an dem er Profess ablegt, Gutes eingehalten findet, der lebt tatsächlich so, wie
er gelobt, weil keiner etwas anderes verspricht als das, was offensichtlich das got-
tesfürchtige Leben derer beinhaltet, mit denen er künftig zu leben sich entweder
vornimmt oder entschließt.“181
Ferner: Ebenso wie nicht alle, selbst die guten Christen, alles einhalten, was
im Evangelium steht, so ist dies auch bei allen, die beschlossen haben, gemäß der
Regel zu leben. Auch wenn sie sozusagen nicht alles vollständig aufs Haar genau
und ganz beachten, und wenn sie zugunsten des Brauchs ihres Klosters entweder
etwas ändern oder übergehen, weichen sie doch keineswegs von der Regelprofess
ab, solange sie nicht ablassen, nach der Gepflogenheit ihrer Mitbrüder gerecht,
enthaltsam und fromm zu leben. Schließlich bezeugt die Regel selbst den achten
Grad der Demut: „Der Mönch tut nur, wozu die gemeinsame Regel des Klosters
und das Beispiel der Älteren mahnen (RB, VII, 55).“182
180 Bernardus Claraevallensis, Apologia ad Guilelmum abbatem, IV, 8, S. 160.
181 Bernardus Claraevallensis, De praecepto et dispensatione, 47, S. 410-412.
182 Bernardus Claraevallensis, De praecepto et dispensatione, 48, S. 410-412.