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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0028
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Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im Mittelalter 1 27

Cantimpre eigentlich über ein profundes Wissen in Theologie und Naturkunde,
das ihnen einflussreiche Positionen als Ratgeber verschaffte?
Fast alle Orden und Klöster verfügten über eigene Strukturen zur Wissens-
vermittlung und Nachwuchsschulung.54 Gemäß der Benediktsregel beispiels-
weise sollte jedes Kloster eine Klosterschule {dominici scola servitii) haben.55
Damit war zwar noch keine Schule im eigentlichen Sinne gemeint, sondern das
Kloster an sich. Dennoch mussten die älteren Brüder den Novizen Elementar-
kenntnisse wie Lesen und Schreiben, zudem Latein, Orthographie und Gram-
matik vermitteln. Denn nur so konnten sie für die lectio divina, den Gottes-
dienst, vorbereitet und für das bessere Verständnis der heiligen Schriften
geschult werden.56
Im Zuge der karolingischen Bildungsreform im 8. Jahrhundert, die vor allem
auf korrekte Lateinkenntnisse und die richtige Ausübung der Liturgie Wert legte,
wurden die wichtigsten Inhalte der geistlichen Wissensvermittlung festgesetzt
und die Einrichtung von Klosterschulen verbindlich vorgeschrieben.57 Schon im
6. Jahrhundert hatte Cassiodor (ca. 485-580) in seinen Institutiones, einer Einfüh-
rung in die geistlichen und weltlichen Wissenschaften, beim Lesen der Heiligen

54 S. aus der reichhaltigen Literatur zu diesem Thema folgende ausgewählte Titel: Frank Rex-
roth, Fröhliche Scholastik. Die Wissenschaftsrevolution des Mittelalters, München 2018;
Ulrich Nonn, Mönche, Schreiber und Gelehrte: Bildung und Wissenschaft im Mittelalter,
Darmstadt 2012; Martin Kintzinger, Wissen wird Macht. Bildung im Mittelalter, Ost-
fildern 2003; s. außerdem die Beiträge in: Kloster und Bildung im Mittelalter, hg. von Natha-
lie KRUPPA/Jürgen Wilke (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte
218), Göttingen 2006 sowie in Schulen und Studium im sozialen Wandel des hohen und spä-
ten Mittelalters, hg. von Johannes Fried (Vorträge und Forschungen 30), Sigmaringen 1986.

55 Benedicti Regula (wie Anm. 31), Prolog Kap. 45, S. 9: Constituenda est ergo nobis dominici
scola servitii.

56 Karl Suso Frank, Vom Kloster als scola dominici serviti zum Kloster ad servitium imperii,
in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 91
(1980), S. 80-97; Dieter von der Nahmer, „Dominici scola servitii". Über Schultermini in
Klosterregeln, in: Regulae Benedicti Studia 12 (1983), S. 143-185; Andreas Albert, Vom
Kloster als „dominici scola seruitii" (RB Prol. 45) zur benediktinischen Klosterschule, in:
Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 107
(1996), S. 319-338; Christoph Dette, Schüler im frühen und hohen Mittelalter. Die St. Galler
Klosterschule des 9. und 10. Jahrhunderts, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des
Benediktinerordens 105 (1994), S. 7-64.

57 Martin Kintzinger, Monastische Kultur und die Kunst des Wissens im Mittelalter, in:
Kloster und Bildung im Mittelalter (wie Anm. 54), S. 15-47, hier S. 24-25; Albrecht Diem,
The emergence of monastic schools. The role of Alcuin, in: Alcuin of York. Scholar at the
Carolingian Court, hg. von Luuk A. J. R. HouwEN/Alastair A. MacDonald, Groningen,
S. 27-44, hier S. 27; Sita Steckel, Kulturen des Lehrens im Früh- und Hochmittelalter. Au-
torität, Wissenskonzepte und Netzwerke von Gelehrten (Norm und Struktur 39), Köln/
Weimar/Wien 2011, S. 89.
 
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