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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0043
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42 I Annick Peters-Custot

bestimmt. An diesen Übersetzungen lässt sich erkennen, dass sie größtenteils von
einer ursprünglich griechischen (oder koptischen und dann griechischen) Vorlage
angefertigt und dann ins Lateinische übertragen wurden, ganz selten ist das
Gegenteil der Fall. Natürlich gibt es auch einige Ausnahmen.15 Trotzdem ist der
östliche Einfluss im Westen, beginnend mit dem vierten Jahrhundert, eine unbe-
streitbare Realität. Dieser Einfluss erhält jedoch sofort eine mythologische oder
imaginäre Dimension: nämlich die des östlichen Asketen, des Athleten von Gott,
des Meisters der asketischen Übungen, die für die „gewöhnlichen" Mönche als
unerreichbar angesehen werden16 und manchmal bezüglich ihres Wettbewerbs-
charakters auch fraglich sind.17 Die östliche Abstammung wird jedoch akzeptiert,
meistens sogar herausgehoben, weil sie die Grundlagen des neuen westlichen
Mönchtums legitimiert. Zeugnisse über die westlichen monastischen Gründer er-
wähnen dann fast systematisch, von den sogenannten „Jura-Vätern" bis zum hei-
ligen Benedikt, die tiefe Kenntnis der östlichen Beispiele und insbesondere des
heiligen Basilius oder das Beispiel von Antonius, Sabas oder Hilarion.18 Manch-
mal wird die Identität der Gründerväter hinter typisch östlichen Namen ver-
schleiert, da das östliche Label legitimierende Wirkung hatte: Dies ist beispiels-
weise der Fall bei der „Regel der vier Väter" aus der Feder des Hilarion, Macarius,
Paphnutios und eines weiteren Hilarion, Gründer der Abtei Lerins in der Pro-
vence, bei denen es sich in Wirklichkeit um lateinische Gründer handelte.

15 Anna Lampadaridi, Du latin au grec. Le « voyage » linguistique et culturel des Vies monas-
tiques dans le monde byzantin, in: Les mobilites monastiques en Orient et en Occident de
l'Antiquite tardive au Moyen Äge, hg. von Olivier DELOUis/Maria Mossakowska-Gau-
bert/Annick Peters-Custot (Collection de l'Ecole frangaise de Rome 558), Rom 2019,
S. 371-387.

16 Dies wird deutlich im Kapitel 73 der Regel des heiligen Benedikt, der behauptet, seine „klei-
ne Regel" für die Bedürfnisse mittelmäßiger Mönche zu rechtfertigen: Aut quis liber sancto-
rum catholicorum Patrum hoc non resonat ut recto cursu perueniamus ad creatorem nost-
rum ? Necnon et Collationes Patrum et Instituta et Vitas eorum, sed et Regula sancti Patris
nostri Basilii, quid aliud sunt nisi bene uiuentium et oboedentium monachorum instrumenta
uirtutum? in: La regle de saint Benoit, Edition, Übersetzung und Kommentar von Adalbert
DE VoGÜi/Jean Neufville (Sources chretiennes 181-186), 6 Bde., Paris 1971-1972, Bd. 2,
cap. 73, S. 672-673.

17 Hier beziehe ich mich auf die Korrekturen der asketischen Exzesse der Ostmönche durch
Rufinus von Aquileia bei seiner Übersetzung der Historia ecclesiastica ins Lateinische: Ma-
rie-Celine Isaia, Rufin traducteur de l'Historia monachorum in Aegypto, in: Collectanea
Cisterciensia 74 (2012), S. 289-296.

18 Peters-Custot, Le monachisme byzantin (wie Anm. 8), S. 380; Adalbert de Vogüe, Aux
origines de Lerins: la Regle de saint Basile?, in: Studia monastica 31 (1989), S. 259-266. Alain
Dubreucq, Lerins et la Burgondie dans le haut Moyen Age, in: Lerins, une ile sainte de
l'Antiquite au Moyen Age, hg. von Yann CoDOu/Michel Lauwers (Collection d'etudes
medievales de Nice 9), Turnhout 2009, S. 195-227, hier S. 198.
 
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