46 I Annick Peters-Custot
Einsiedler ist ein überholtes Modell in der byzantinischen Welt - und vor allem
seine extremen Verkörperungen, wie beispielsweise in Elias, dem Speleot, oder
in Symeon Salos, dem „Narr um Christi willen". Der postikonoklastische Erfolg
des Koinobitismus, der Einfluss des Denkens von Theodoros Studites, seine
Aufwertung des heiligen Basilius des Großen und die Einbindung der Klöster in
aristokratische Vermögensstrategien und politische Beziehungen lassen das Bild
des wandernden Einsiedlers in der Realität des neunten/zehnten Jahrhunderts
zum überholten Ideal werden, da sich das byzantinische Mönchtum dann ein-
deutig zum koinobitischen Großgrundbesitzer entwickelt hat. In Süditalien
stärkte die Politik der Hauteville ab den 60er Jahren des elften Jahrhunderts die
großen byzantinischen Gemeinschaften zu Lasten kleinerer Familienklöster,
wie ich in meiner Dissertation gezeigt habe.24 Das zwölfte Jahrhundert zeichnet
sich durch zahlreiche italienisch-griechische Klostergründungen aus, die eng
mit der politischen Herrschaft verknüpft sind: wie beispielsweise S. Maria de
Carrä, S. Nicola von Casole, S. Maria del Patire von Rossano oder das Kloster
von S. Salvatore di Messina. Außerdem entstehen in dieser Zeit neue Klosterver-
bände unter Führung der normannischen Herrscher: die Konföderation von
Carrä, das Archimandritat von S. Salvatore di Messina und von S. Elia di Car-
bone. Dieses von den Normannen geförderte italienisch-griechische Mönchtum
ist dem byzantinischen Mönchtum sehr ähnlich, das seit dem Sieg der Ikonodu-
len eindeutig ein Mönchtum großer aristokratischer Stiftungen ist, dem die gro-
ßen westlichen zeitgenössischen Abteien in nichts nachstehen. Das italienisch-
griechische Mönchtum, das Joachim von Fiore kannte, war daher ein Mönchtum
großer, wohlhabender koinobitischer Klöster.
Doch hier wird eine Differenzierung notwendig, denn offensichtlich kursie-
ren in den Quellen verschiedene Bilder über diese italienisch-griechischen Mön-
che. Der Mönch der italienisch-griechischen Hagiographien entspricht dem Typ
des heiligen Wandereremiten, der Klöster gegen seinen Willen gründet und im-
mer in Bewegung steht - entweder um vor den Überfällen der Muslime zu
ecclesiastica 22), Padova 1973, S. 473-520; Enrico Morini, II monachesimo italo-greco e
l'influenza di Stoudios, in: L'Ellenismo italiota dal VII al XII secolo. Atti del Convegno.
Venezia, 13-16 novembre 1997 (Fondazione nazionale ellenica delle ricerche. Istituto di ricer-
che bizantine. Convegno internazionale 8), Athen 2001, S. 125-151; Ders., I1 Fuoco dell'esi-
chia. Il monachesimo greco in Calabria fra tensione eremitica e massimalismo cenobitico, in:
San Bruno di Colonia: un eremita tra Oriente e Occidente. Atti del secondo convegno inter-
nazionale del IX centenario della morte di San Bruno di Colonia, Serra San Bruno, 2-5 ot-
tobre 2002, hg. von Pietro De Leo, Soveria Manelli, 2004, S. 13-30.
24 Annick Peters-Custot, Les Grecs de l'Italie meridionale post-byzantine. Une accultura-
tion en douceur. IXe-XIVe siecles (Collection de l'Ecole frangaise de Rome 420), Rom 2009,
S. 275-306.
Einsiedler ist ein überholtes Modell in der byzantinischen Welt - und vor allem
seine extremen Verkörperungen, wie beispielsweise in Elias, dem Speleot, oder
in Symeon Salos, dem „Narr um Christi willen". Der postikonoklastische Erfolg
des Koinobitismus, der Einfluss des Denkens von Theodoros Studites, seine
Aufwertung des heiligen Basilius des Großen und die Einbindung der Klöster in
aristokratische Vermögensstrategien und politische Beziehungen lassen das Bild
des wandernden Einsiedlers in der Realität des neunten/zehnten Jahrhunderts
zum überholten Ideal werden, da sich das byzantinische Mönchtum dann ein-
deutig zum koinobitischen Großgrundbesitzer entwickelt hat. In Süditalien
stärkte die Politik der Hauteville ab den 60er Jahren des elften Jahrhunderts die
großen byzantinischen Gemeinschaften zu Lasten kleinerer Familienklöster,
wie ich in meiner Dissertation gezeigt habe.24 Das zwölfte Jahrhundert zeichnet
sich durch zahlreiche italienisch-griechische Klostergründungen aus, die eng
mit der politischen Herrschaft verknüpft sind: wie beispielsweise S. Maria de
Carrä, S. Nicola von Casole, S. Maria del Patire von Rossano oder das Kloster
von S. Salvatore di Messina. Außerdem entstehen in dieser Zeit neue Klosterver-
bände unter Führung der normannischen Herrscher: die Konföderation von
Carrä, das Archimandritat von S. Salvatore di Messina und von S. Elia di Car-
bone. Dieses von den Normannen geförderte italienisch-griechische Mönchtum
ist dem byzantinischen Mönchtum sehr ähnlich, das seit dem Sieg der Ikonodu-
len eindeutig ein Mönchtum großer aristokratischer Stiftungen ist, dem die gro-
ßen westlichen zeitgenössischen Abteien in nichts nachstehen. Das italienisch-
griechische Mönchtum, das Joachim von Fiore kannte, war daher ein Mönchtum
großer, wohlhabender koinobitischer Klöster.
Doch hier wird eine Differenzierung notwendig, denn offensichtlich kursie-
ren in den Quellen verschiedene Bilder über diese italienisch-griechischen Mön-
che. Der Mönch der italienisch-griechischen Hagiographien entspricht dem Typ
des heiligen Wandereremiten, der Klöster gegen seinen Willen gründet und im-
mer in Bewegung steht - entweder um vor den Überfällen der Muslime zu
ecclesiastica 22), Padova 1973, S. 473-520; Enrico Morini, II monachesimo italo-greco e
l'influenza di Stoudios, in: L'Ellenismo italiota dal VII al XII secolo. Atti del Convegno.
Venezia, 13-16 novembre 1997 (Fondazione nazionale ellenica delle ricerche. Istituto di ricer-
che bizantine. Convegno internazionale 8), Athen 2001, S. 125-151; Ders., I1 Fuoco dell'esi-
chia. Il monachesimo greco in Calabria fra tensione eremitica e massimalismo cenobitico, in:
San Bruno di Colonia: un eremita tra Oriente e Occidente. Atti del secondo convegno inter-
nazionale del IX centenario della morte di San Bruno di Colonia, Serra San Bruno, 2-5 ot-
tobre 2002, hg. von Pietro De Leo, Soveria Manelli, 2004, S. 13-30.
24 Annick Peters-Custot, Les Grecs de l'Italie meridionale post-byzantine. Une accultura-
tion en douceur. IXe-XIVe siecles (Collection de l'Ecole frangaise de Rome 420), Rom 2009,
S. 275-306.