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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0164
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Kann weltflüchtige Askese innovative Kräfte auslösen? I 163

zurückziehende Einzelasket in der Sekundärliteratur übertrieben wichtig ge-
nommen werde. Richard Gombrich vermutete sogar, dass der paccekabuddha
nur eine klassifikatorische Abstraktion gewesen sei. Auch weist Tambiah rich-
tig Webers Ansicht zurück, es habe keine Diesseitigkeit im frühen Buddhismus
und daraus resultierende wirtschaftliche Antriebe gegeben, indem er auf eine
Reihe von Faktoren aufmerksam macht, die Weber nicht genügend würdigte.
So hätten Modelle der Stammesföderation (statt der hierarchischen Königrei-
che) demokratische Strukturen im Mönchswesen begünstigt; so habe die große
Sympathie für den frühen Buddhismus bei der aufsteigenden Schicht der Händ-
ler und Kaufleute, Höflinge, Kleinbürger und Großbauern, schriftkundigen
Beamten zu Ansehen und neuer Identität verholfen; so habe es viele sozialpoli-
tische Ansätze auch im frühen Buddhismus gegeben: Mitleid, Hilfe für Arme
und Kranke, Predigten gegen eine Verschwendung des Reichtums. Außerdem
hat der Buddha hemmende Reinheitsschranken beseitigt, die im Brahmanismus
ganz oben standen. Im Prinzip hat der Buddha eine egalitäre, kastenlose und
klassenlose Gesellschaftstheorie vertreten. Das allein war schon revolutionär
und im Rahmen einer Surplus-Wirtschaft von entscheidendem Einfluss auch
auf das ökonomische Verhalten.
4. Fazit: Drei Thesen
Gemeinschaft ist keine notwendige, wenn auch meist praktizierte Vorausset-
zung für die hinduistische Askese. Die individualistische Askese der Sadhus
löste aufs Ganze gesehen keine großen gesellschaftlichen Innovationsschübe
aus, sie ist zu stark außerweltlich. Der hinduistische Asket will nicht die Welt
verbessern, er will sich verbessern. Er will in der Regel nicht Politik machen
oder klösterliche Einrichtungen mit gesellschaftlicher Relevanz schaffen, keine
Bildungseinrichtungen, keine Krankenstationen. Anders der Buddhismus:
seine Öffnung zu einem Bündnis, dem Sangha, hat die Askese ethisiert,19 damit
für die Gesellschaft die Gesellschaft demokratisiert und eine Wirtschaftsethik
hervorgebracht wird. Daraus resultiert

19 So auch Gananath Obeyesekere, Exemplarische Prophetie oder ethisch geleitete Askese.
Überlegungen zur frühbuddhistischen Reform, in: Max Webers Studie (wie Anm. 16),
S. 247-292.
 
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