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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0366
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Geistliche Gemeinschaften im Mittelalter zwischen Hof, Stadt und Kloster 1 365

kreuzer Mutterklosters und wurde auf Bitten der Äbtissin und des Gutolf von
Heiligenkreuz - damals Mönch in Heiligenkreuz und Seelsorger der Frauen,
der darüber einen Bericht verfasste - durch einen der mächtigsten Bürger Wiens
und Parteigänger des Böhmenkönigs finanziert. Der Bericht ist mehrfach be-
merkenswert.63 Hier genügt zu betonen, wie nachdrücklich er die Effektivität
der Beziehungen zwischen dem Stadtkloster, seinem regional herausragenden
Mutterkloster und den zwischen diesen überregional interagierenden Stadt- und
Land-basierten Eliten betont.64
Darüber hinaus zeichnet Gutolf in dieser und anderen Schriften ein farbiges
Bild des spirituellen Profils des Frauenklosters - eine selten glückliche Über-
lieferungslage in Zeiten ohne explizite Reformaktivitäten: Denn ähnlich wie wir
es im Reformzusammenhang gesehen haben, übersetzt der von ihm verwendete
nachhaltig wirksame Topos der in Gelehrsamkeit und geistlicher Disziplin her-
vorragenden Nonnen zwischen spirituellem und sozialem Status der Träger-
und Rekrutierungsgruppen des Klosters.65
Nach der Herrschaftsübernahme durch die Habsburger lassen sich am Bei-
spiel von St. Niklas besonders gut jene Prozesse sozialer Differenzierung nach-
vollziehen, die mit der allmählichen Stabilisierung der politischen Lage einher-
gingen. Seit dem 14. Jahrhundert dokumentieren zahlreiche Schenkungen an
und Rechtsgeschäfte mit den Zisterzienserinnen, dass sich die Machtbasis der
„alten Eliten" vom Land in die Stadt, ihr Selbstverständnis von „Adeligen" zu

Regional Elites in late 13th Century Austria, in: Policies of Disciplined Dissent in the 12th to
Early 16th Centuries, hg. von Fabrizio Titone (Viella Historical Research 4), Roma 2016,
S. 41-64.
63 Des Gutolf von Heiligenkreuz Translatio Sanctae Delicianae, hg. von Oswald Redlich/
Anton E. Schönbach, in: Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
in Wien, phil. hist. Klasse 159/2 (1908), S. 8-20. Interpretationen von Karl Brunner, Gutolf
von Heiligenkreuz und König Ottokars Glück und Ende, in: Weltin/Kusternig, Ottokar-
Forschungen (wie Anm. 62), S. 427-433 und Christina Lutter, Geteilte soziale Räume und
gemeinsame Zugehörigkeiten. Die Wiener Zisterzienserinnen um 1300, in: Konstanz und
Wandel. Religiöse Lebensformen im europäischen Mittelalter, hg. von Gordon Blenne-
MANN/Christine KLEINJUNG/Thomas Kohl (Studien und Texte zur Geistes- und Sozialge-
schichte des Mittelalters 11), Affalterbach 2016, S. 199-216.
64 Zisterzienserinnen in mittelalterlichen Städten waren lange ein wenig beachtetes Thema. Pe-
ter Johanek hat errechnet, dass sich von 294 Zisterzienserinnenklöstern im römisch-deut-
schen Reich inklusive der österreichischen Länder und dem Königreich Böhmen sowie der
Schweiz 57 in Städten oder in deren unmittelbarer Nähe befanden. Er unterstrich die Bedeu-
tung dieser Gründungen im Rahmen von Stadtentwicklungsprozessen und die soziale Ein-
bettung dieser Konvente: Peter Johanek, Stadt und Zisterzienserinnenkonvent. Ausblick
auf ein Forschungsprogramm, in: Stadtarchiv und Stadtgeschichte. Forschungen und Inno-
vationen. Festschrift für Fritz Mayrhofer zur Vollendung seines 60. Lebensjahres, hg. vom
Archiv der Stadt Linz (Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 2003/2004), Linz 2004, S. 217-
 
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