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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0365
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364 I Christina Lutter

fältigere Überlieferung erlauben es, gezielter nach den Spezifika ihrer innovati-
ven Impulse bzw. Wirkungen zu fragen. Das möchte ich zum Abschluss am
Beispiel der Wiener Sakraltopographie tun:59 Welche spirituellen, sozialen und
ökonomischen Faktoren bestimmten das Profil der zahlreichen geistlichen Ge-
meinschaften? Warum waren sie jeweils attraktiv für Mitglieder und Stifter, und
in welcher Weise spiegeln sich darin Zugehörigkeiten zu sozialen Gruppen?
Auf dem Höhepunkt der babenbergischen Herrschaft erhielt Wien ein erstes
Stadtrecht (1221).60 Zudem wurden hier wie in den kleineren Städten der Umge-
bung Klöster etabliert. In Wien waren dies die ersten Gründungen der Minori-
ten (1224) und der Dominikaner (1225). Etwa zeitgleich erfolgten die ersten
Niederlassungen von Ritterorden, und es entstanden neue Frauengemeinschaf-
ten, einige davon an der zentralen Verkehrsachse entlang der ehemaligen römi-
schen Limesstraße, nun Pilger- und Handelsroute, darunter das Zisterziense-
rinnen-Kloster St. Niklas vor dem östlichen Stadttor, die Augustiner Chorfrauen
von St. Jakob im Zentrum und die Büßerinnengemeinschaft St. Magdalena
im Westen der Stadt. Das „Himmelpfortkloster" für Prämonstratenserinnen
folgte in den 1260er Jahren.61
Gut zehn Jahre später, in den Auseinandersetzungen zwischen Rudolf I. von
Habsburg und dem Böhmenkönig Premysl Otakar, der damals noch österrei-
chischer Landesherr war, wurde ein zweites Haus für die Zisterzienserinnen in
der Stadt etabliert.62 Das neue Kloster grenzte an den Stadthof des Heiligen-

59 Zum Folgenden im Detail: Christina Lutter, Donators' Choice? How Benefactors Related
to Religious Houses in Medieval Vienna, in: Entscheiden über Religion. Religiöse Optionen
und Alternativen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, hg. von Matthias Pohlig/
Sita Steckel, Tübingen 2021 [im Druck]. Christina Lutter, Stadt und Gemeinschaft.
Schenkungen und Stiftungen als Quellen sozialer Beziehungsgeflechte im spätmittelalter-
lichen Wien, in: Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaf-
ten zu Göttingen, Neue Folge: Stadt und Hof 9 (2020), S. 27-42.

60 Csendes/Opll, Wien (wie Anm. 44); sowie die chronologische Dokumentation sämtlicher
urkundlichen und historiographischen Quellen der Babenbergerzeit mit umfangreichen An-
gaben zur älteren Forschungsliteratur von Klaus LoHRMANN/Ferdinand Opll, Regesten
zur Frühgeschichte von Wien (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 10),
Wien 1981, hier n. 376, S. 106-107.

61 Perger/Brauneis, Kirchen und Klöster (wie Anm. 44); Barbara Schedl, Klosterleben und
Stadtkultur im mittelalterlichen Wien. Zur Architektur religiöser Frauenkommunitäten
(Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 51), Wien/Innsbruck 2009; siehe au-
ßerdem Klaus Lohrmann, Geschichte der Juden in Wien - Mittelalter, Berlin/Wien 2000.

62 Ferdinand Opll, St. Maria bei St. Niklas vor dem Stubentor, in: Jahrbuch des Vereins für
Geschichte der Stadt Wien 50 (1994), S. 13-81; Schedl, Klosterleben und Stadtkultur (wie
Anm. 61), S. 95-143; Lutter, „Locus horroris" (wie Anm. 15), S. 166-176. Zum politischen
Hintergrund vgl. die Beiträge in Ottokar-Forschungen, hg. von Max WELTIN/Andreas Kus-
ternig (Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich und Wien, N.F. 44/45), Wien 1979,
sowie aktuell Christina Lutter, Negotiated Consent. Power Policy and the Integration of
 
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