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Kreative Impulse. Innovations- und Transferleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa <Veranstaltung, 2019, Heidelberg>; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Kreative Impulse und Innovationsleistungen religiöser Gemeinschaften im mittelalterlichen Europa — Klöster als Innovationslabore, Band 9: Regensburg: Schnell + Steiner, 2021

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https://doi.org/10.11588/diglit.72131#0414
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„Am Tisch des Herrn, auf dem alle
Schätze der Weisheit und der
Wissenschaft versammelt sind"
Überlegungen zu Wissenszugang und Selbstverständnis
der Mönche und Nonnen im Mittelalter
Eva Schlotheuber

Die Rolle mittelalterlicher Klöster und Religionsgemeinschaften für den gesell-
schaftlichen Diskurs, für die Entwicklung der Kultur und Lebenswelt des eu-
ropäischen Mittelalters zu bestimmen, ist eine große Aufgabe. In welchem Zu-
sammenhang stehen fromme Weltabgeschiedenheit und ,Sprechautorität' der
Religiösen, die ganz umfassend die vielfältigen Dynamiken der mittelalterli-
chen Gesellschaft, die Kultur, Ökonomie und Politik in besonderer Weise be-
reicherten? Auf welche Weise vermochten die verschiedenen innovativen For-
men der klösterlichen Lebensgestaltung die Laienwelt zu prägen? Es sind
zentrale Fragen, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tagung gestellt
wurden und die in ihrem umfassenden Anspruch kaum zu beantworten sind.
Es ist praktisch unmöglich, auf wenigen Seiten knapp 2000 Jahre monastischer
Lebensweise, die Geschichte unzähliger Klöster und Orden, von Männern- wie
Frauengemeinschaften differenziert auf ihre Innovationskraft und die Gel-
tungskraft geistiger Errungenschaften zu befragen. Es kann also nur versucht
werden, Grundzüge monastischer Wirkweisen in der mittelalterlichen Gesell-
schaft herauszuarbeiten.
Für eine Annäherung an den Themenkomplex möchte ich drei Fragehorizon-
ten nachgehen: zunächst der Frage nach dem Bildungsbegriff, der mit der neuen
monastisch-eremitischen Lebensweise entstand und sich konkurrierend zur
Ausbildung rationaler Denkformung der Antike entwickelt hat. Mit dem Bil-
dungsbegriff hängen letztlich auch Herkunft und Zuschnitt der vielfach beob-
achteten ,Innovationsfeindlichkeit' des Mittelalters zusammen. Anders als in
der Moderne waren Fortschritt und Neuerungen im Mittelalter nicht grund-
sätzlich positiv konnotiert, sondern gerade im Mönchtum stellten vielmehr der
Rückgriff auf Tradition oder die ,einst richtigen Anfänge' den Orientierungs-
 
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