Verflechtungsgeschichten.
Geistliche Gemeinschaften
im Mittelalter zwischen Hof,
Stadt und Kloster1
Christina Lutter
Auf der Suche nach einer zeitgenössischen Abbildung, die möglichst viele As-
pekte des Tagungsbandes bündelt, der den Rahmen für diesen Beitrag bildet,
habe ich mich für eine schöne Initiale aus der sogenannten Klosterneuburger
Bibel (um 1310) entschieden, die den Wiederaufbau der Mauern des himmli-
schen Jerusalem darstellt (Abb. 33). Ort, Genre und Gegenstand sind paradig-
matisch. Nichts wurde im europäischen Mittelalter so oft kopiert wie Texte aus
den biblischen Büchern, und wenige mitteleuropäische Bibliotheken verfügen
über so reiche Handschriftenbestände wie das Stift Klosterneuburg.2 Das
kommt nicht von ungefähr: Klöster und Stiftskirchen waren Jahrhunderte lang
die zentralen Orte von Wissenserwerb und -weitergabe ebenso wie jener geist-
lich-theoretischen Reflexionen, die neue Entwürfe für gemeinschaftliches
1 Dieser Beitrag setzt das Tagungsthema pointiert in Bezug zu einigen Ergebnissen, die im
Rahmen des SFB 42 „VISCOM Visions of Community: Comparative Approaches to Ethni-
city, Region and Empire in Christianity, Islam and Buddhism (400-1600 CE)", konkret im
Projekt 4206 „Social and Cultural Communities in High and Late Medieval Central Euro-
pe" (PI: Ch. Lutter) erarbeitet wurden, siehe https://viscom.ac.at/project-team/late-medie-
val-central-europe/ (zuletzt abgerufen am 5.11.2019), gefördert durch den österreichischen
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) (2011-2019). Die Form des
Abendvortrags wurde weitgehend beibehalten und um Anmerkungen ergänzt. Für Kom-
mentare und Anregungen danke ich den Herausgeberinnen Julia Becker und Julia Burk-
hardt sowie Shane Bobricky, Mirko Breitenstein, Daniel Frey, Herbert Krammer
und Jonathan Lyon.
2 Der Wiederaufbau der Mauern Jerusalems in einer Initiale aus der Klosterneuburger Bibel,
um 1310 (Stiftsbibliothek Klosterneuburg, CC1 2,f. 222v). Aus: Martin Haltrich, Die
Stiftsbibliothek, in: Das Stift Klosterneuburg, hg. von Wolfgang Christian Huber, Wettin-
Löbejün 2014, S. 216. Die Stiftsbibliothek Klosterneuburg umfasst heute rund 1250 Hand-
schriften und etwa 860 Inkunabeln, vgl. https://www.stift-klosterneuburg.at/stift-und-or-
den/aufgaben/wissenschaft/bibliothek/ (zuletzt abgerufen am 6.11.2019).
Geistliche Gemeinschaften
im Mittelalter zwischen Hof,
Stadt und Kloster1
Christina Lutter
Auf der Suche nach einer zeitgenössischen Abbildung, die möglichst viele As-
pekte des Tagungsbandes bündelt, der den Rahmen für diesen Beitrag bildet,
habe ich mich für eine schöne Initiale aus der sogenannten Klosterneuburger
Bibel (um 1310) entschieden, die den Wiederaufbau der Mauern des himmli-
schen Jerusalem darstellt (Abb. 33). Ort, Genre und Gegenstand sind paradig-
matisch. Nichts wurde im europäischen Mittelalter so oft kopiert wie Texte aus
den biblischen Büchern, und wenige mitteleuropäische Bibliotheken verfügen
über so reiche Handschriftenbestände wie das Stift Klosterneuburg.2 Das
kommt nicht von ungefähr: Klöster und Stiftskirchen waren Jahrhunderte lang
die zentralen Orte von Wissenserwerb und -weitergabe ebenso wie jener geist-
lich-theoretischen Reflexionen, die neue Entwürfe für gemeinschaftliches
1 Dieser Beitrag setzt das Tagungsthema pointiert in Bezug zu einigen Ergebnissen, die im
Rahmen des SFB 42 „VISCOM Visions of Community: Comparative Approaches to Ethni-
city, Region and Empire in Christianity, Islam and Buddhism (400-1600 CE)", konkret im
Projekt 4206 „Social and Cultural Communities in High and Late Medieval Central Euro-
pe" (PI: Ch. Lutter) erarbeitet wurden, siehe https://viscom.ac.at/project-team/late-medie-
val-central-europe/ (zuletzt abgerufen am 5.11.2019), gefördert durch den österreichischen
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) (2011-2019). Die Form des
Abendvortrags wurde weitgehend beibehalten und um Anmerkungen ergänzt. Für Kom-
mentare und Anregungen danke ich den Herausgeberinnen Julia Becker und Julia Burk-
hardt sowie Shane Bobricky, Mirko Breitenstein, Daniel Frey, Herbert Krammer
und Jonathan Lyon.
2 Der Wiederaufbau der Mauern Jerusalems in einer Initiale aus der Klosterneuburger Bibel,
um 1310 (Stiftsbibliothek Klosterneuburg, CC1 2,f. 222v). Aus: Martin Haltrich, Die
Stiftsbibliothek, in: Das Stift Klosterneuburg, hg. von Wolfgang Christian Huber, Wettin-
Löbejün 2014, S. 216. Die Stiftsbibliothek Klosterneuburg umfasst heute rund 1250 Hand-
schriften und etwa 860 Inkunabeln, vgl. https://www.stift-klosterneuburg.at/stift-und-or-
den/aufgaben/wissenschaft/bibliothek/ (zuletzt abgerufen am 6.11.2019).