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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Editor]; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0161
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Eifersuchtswahn

zahle gut.« Sie habe ihn darauf nochmals nach seinem Namen gefragt, er habe ihn aber nicht
gesagt. Trotzdem habe die Frau die Tür geöffnet und sei im bloßen Hemde dagestanden. Wie sie
ihn erkannt habe, habe sie aufgeschrien »wie ein wildes Tier«. Daß seine Frau ihn trotz der ver-
stellten Stimme erkannt habe, will er nicht zugestehen.
Nun sei für ihn kein Zweifel mehr gewesen. Er habe Klage auf Ehescheidung eingereicht. Dar-
auf habe der Oberamtsrichter seiner Frau geraten, ihn für närrisch erklären zu lassen. Gerade als
die Frau ihm dies mitgeteilt hatte und er in größter Aufregung war, seien Bürgermeister und
Bezirksarzt gekommen, um die Närrischerklärung auszuführen. - Schließlich habe der Ober-
amtsrichter gesagt: »Ja da sieht man den Hochmut! Man will das Perpetuum mobile318 erfinden,
will gescheiter sein als andere Leut’, da ist es kein Wunder, wenn ein Rädle im Kopf springt.«
(Vgl. oben die wirklichen Äußerungen des Amtsrichters.)
Seitdem seien sein Geschäft und seine Einnahmen auf das Geringste zurückgegangen. Hierüber
schreibt er 3 Monate später in seiner Verteidigungsschrift: Die jetzige Anklage wegen Bedrohung
usw. »haben ihren ersten Ursprung in, von mir, und auch anderen Personen, in einer Reihe von
Jahren, wahrgenommenen, vom Kläger in und an unserer Familie bewirkten Tatsachen, welche
95 naturgemäß den Ruin unseres vorher glücklichen Familienlebens, unseres | ehelichen Friedens,
meiner Ehre und guten Rufes, meines Kredits und schließlich, durch die in Szene gesetzte eben-
falls als eine wenn auch indirekte Folge jener Tatsachen zu betrachtende Närrischerklärung mei-
ner Person, auch den Ruin meines vorher blühenden Geschäfts und durch diesen den Verlust
meines, in langjähriger ehrlicher Arbeit erworbenen Vermögens zur Folge haben mußten und
auch hatten.« Ferner: »Auf den 16. November 1892 wurden dann ich und meine Frau nochmals,
angeblich zu einem Sühneversuch, vorgeladen, wobei mir in Gegenwart der Frau gesagt wurde,
ich sei jetzt närrisch erklärt. Das Gerücht hiervon verbreitete sich wie ein Lauffeuer in ... und
der Umgebung, und wo ich vorher, auch pro 1892 noch eine Jahreseinnahme von gegen oder
über 1000 Mark zu verzeichnen hatte, betrug die Einnahme der folgenden Jahre noch nicht ein-
mal 100 Mark pro Jahr, womit man allerdings nicht mehr imstande ist, die nötigen Ausgaben
zu bestreiten. Und einem närrisch erklärten Uhrmacher vertraut doch kein vernünftiger
Mensch mehr eine Arbeit an. Not und Elend kehrten bei uns in nie dagewesener Gestalt ein,
und trotzdem ich meine Frau und ihre Verführer für die allerersten Verursacher dieses Elends
ansehen mußte, fiel es mir nie ein, Rache zu nehmen.« Er habe sich um Rechtsschutz an die
Behörden bis ans Ministerium gewandt. Wenn er dabei zu scharfe Ausdrücke gebraucht hätte,
sei das aus seiner verzweifelten Lage zu erklären. - Der Oberamtsrichter sei an allem Schuld
wegen der Närrischerklärung. Ob er wirklich amtlich als geisteskrank erklärt sei, sei gleichgül-
tig, jedenfalls habe es der Amtsrichter in amtlicher Eigenschaft dritten Personen gegenüber
gesagt. - Auf seine vielen Eingaben habe er keine Antwort erhalten. Dagegen seien ihm Unter-
stützungen von Seiten des Oberamtmanns angeboten worden (richtig), die er jedoch zurückge-
wiesen habe, da er sie in seiner damaligen Lage als Entschädigung für seine Närrischerklärung
habe ansehen müssen.
Alle diese Angaben machte K. in vollkommen ruhiger, geordneter Weise. Einwürfe suchte er,
soweit es ihm möglich war, zu widerlegen, ohne dadurch in besonders leidenschaftliche Erre-
gung versetzt zu werden. Seine Sprechweise war sehr gewandt. Er besaß eine gewisse Neigung
zu etwas gesuchten, hochtrabenden Worten.
Sein Verhalten in der Anstalt war von der ersten Stunde an völlig korrekt. Gegen Ärzte, Mitpa-
tienten und Wärter war er höflich und freundlich. Willig beteiligte er sich an der Abteilungsar-
beit. Bei der ärztlichen Visite drängte er sich weder auf, noch zog er sich in auffallender Weise
 
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