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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Editor]; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0238
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Die Methoden der Intelligenzprüfung und der Begriff der Demenz

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hung gesetzt zu allen überhaupt gemachten Angaben, gewinnt man eine Zahl für die
Treue der Aussage. Die Anzahl der Angaben im Bericht im Verhältnis zu allen Angaben
in Bericht und Verhör liefert einen Wert für die Spontaneität des Wissens. Indem der
Inhalt der Aussage in begriffliche Kategorien (Sachen, Personen, Tätigkeiten, Rauman-
gaben, Eigenschaften, Farben, Zahlenangaben) gruppiert wird, ergibt die Verteilung
der Angaben im Einzelfall einen Wert für die Spontaneität des Interesses. Die Einstreu-
ung mehrerer Suggestivfragen nach nicht vorhandenen Dingen ermöglicht eine Prü-
fung der Suggestibilität. Stern hat alle diese Berechnungsarten und Begriffe, die hier
nur grob aufgezählt werden konnten, in seiner schönen Arbeit entwickelt. Seine Ver-
suche wurden an Schulkindern verschiedenster Altersklassen und beider Geschlech-
ter angestellt. Seine Berechnungen treffen nur Durchschnitte und Gruppen, nicht die
individuellen Unterschiede. Eine zweite Arbeit, in der er diese zu behandeln in Aus-
sicht stellte, ist, soviel ich sehe, bis jetzt noch nicht erschienen. - Seine Resultate über
Altersfortschritte, Geschlechtsunterschiede usw. können, als zu weit abliegend, hier
nicht referiert werden. Die Beziehung der Leistungen zur Rangordnung der Schüler
ergab ihm nur das eine Resultat, daß die Zuverlässigkeit des spontanen Berichtes eine
Funktion der allgemeinen Leistungsfähigkeit sei. Im übrigen waren die Zahlen unre-
gelmäßig, was er auf die zu geringe Zahl der Schüler schiebt. - In seinen eingehenden
psychologischen Erörterungen über die Bedingungen, von denen die Beschaffenheit
der Aussage abhängt, findet Stern drei Gruppen. Sie hängt ab 1. von der Form der Aus-
sage (Bericht, Verhör, Suggestion)424; 2. von dem Inhalt, auf den sie sich bezieht (Per-
sonen oder Sachen); 3. von der Beschaffenheit der Personen, die sie abgeben (Alter,
Geschlecht, Individualität). Der letzte Faktor, die Individualität, hiervon der Seite der
Intelligenz angesehen, ist der, um dessentwillen diese Versuche für den Zweck unseres
Referates in Betracht kommen. Da Stern aber die Resultate seiner Versuche für die
Erkenntnis der Individualität erst später veröffentlichen will, können wir hier nichts
weiter berichten.
In genauem Anschluß an das Verfahren Sterns hat Rodenwaldt 50 Soldaten unter-
sucht. Die von beiden gewonnenen »Normalzahlen« benutzte Roemer als Vergleich
bei der Untersuchung von vier Kranken. Er sieht in dem | Aussageversuch mit seiner 161
größeren Lebensnähe im Gegensatz zu den alten Prüfungen elementarer Funktionen
(Auffassung, Merkfähigkeit, Gedächtnis, Assoziation) eine wertvolle Prüfung komple-
xerer Funktionen, deren systematische Untersuchung die Grundlage für klinische
Intelligenzprüfungen bilden könnte. Um das hierzu erforderliche Massenexperiment
an Gesunden durch eine Voruntersuchung analog der Sterns und Rodenwaldts zu
fördern, unternahm er seine Prüfungen Kranker. »Ähnlich wie bei den Soldatenaus-
sagen könnte die vorläufige Anwendung auf pathologische Geisteszustände Gesichts-
punkte ergeben, deren Berücksichtigung bei der endgültigen Versuchsanordnung für
die psychopathologische Verwendbarkeit der geplanten umfassenden Erhebungen
von Wert sein könnte.«425 Seine Fälle waren: Epilepsie, degeneratives Irresein, psycho-
 
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