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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Editor]; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0239
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Die Methoden der Intelligenzprüfung und der Begriff der Demenz

gener Schwachsinn und Korsakoffsche Psychose.426 Indem er experimentelle Prüfun-
gen elementarer Funktionen mit heranzog, trennte er folgende Leistungen beim Aus-
sageexperiment: Aufmerksamkeit, Auffassung, Merkfähigkeit, Spontaneität der
Aussage, Art des spontanen Berichtens, Suggestibilität, äußere Form und Geschwin-
digkeit der Verhörsantworten. Er glaubte insbesondere durch die Art, wie sich die
Werte dieser Leistungen verteilten, eine Bestätigung für die Unterscheidung von Imbe-
zillen und Infantilen zu gewinnen.
Baerwald benützte Aussageversuche, die sich jedoch nicht in der Anordnung an
Stern hielten, zur Gewinnung eines Wertes der »Urteilsvorsicht«. Er ließ in den schrift-
lichen Aussagen alle Angaben, deren die Versuchspersonen nicht ganz sicher waren,
unterstreichen, zählte diese zu den spontanen im Text auftretenden Zweifelsäußerun-
gen hinzu und dividierte diese Zahl durch die Zahl der Fehler. Diesen Quotienten Zwei-
fel : Fehler, als Maß der Urteilsvorsicht, leitet er in plausibler und klarer Weise ab. Er
verwertet ihn zum Vergleich von Frauen- und Männeraussagen, wobei er regelmäßig
die größere Urteilsvorsicht bei letzteren fand. - Im Kampf mit der Urteilsvorsicht liegt
nach Baerwald die »Selbsttätigkeit«. Diese findet er in Konjekturen, Deutungen und
überall da, wo die Versuchsperson irgendwie über bloße Beschreibung des Gegebenen
hinausgeht. Zählte Baerwald nun die Menge der »Ichsagen« im Text, fand er sie in
Parallele zur Menge der Selbsttätigkeit. Dieser Zusammenhang zwischen Ichbetonung
und Spontaneität des über das Gegebene Hinausgehens war konstant, aber der Zusam-
menhang mit der Urteilsvorsicht war wechselnd. Die besten Leistungen fand er nun
da, wo diese Urteilsvorsicht sich mit Ichsagen und Spontaneität verband, während
gewöhnlich Selbsttätigkeit und Urteilsvorsicht im umgekehrten Verhältnis zueinan-
der standen. Diese charakterologischen Beziehungen der Willensseite der Intelligenz
führen wir hier wegen ihres Interesses an, müssen aber hinzufügen, daß die Zahlen
Baerwalds sie nicht beweisen, sondern sie nur als möglich erscheinen lassen. -
In Analogie zu Ebbinghaus’ Satzergänzungsmethode legte Heilbronner'427 Kran-
ken Bilder vor, wobei dasselbe Objekt auf einer Reihe von Blättern zunächst nur mit
wenigen unvollständigen Strichen angedeutet, dann zunehmend deutlicher darge-
stellt war. Die Methode, die sich besonders bei akuten Zuständen brauchbar erwies,
162 fand auch Anwendung zur Untersuchung von | Demenzzuständen. Heilbronner fand
bei angeborenem Schwachsinn, daß erst die Hinzufügung einer ausreichenden Zahl
von Merkmalen die Erkennung ermöglichte. Bei schon defekt gewordenen Hebephre-
nen fand er nicht selten »Normalresultate« und glaubt, daß die Bildbenennungen bes-
ser als andere Mittel geeignet sind, die Reste von Leistungsfähigkeit bei Hebephrenen
mit Aufwand von Geduld einer einigermaßen systematischen Untersuchung zugäng-
lich zu machen. Im Gegensatz dazu konnten Epileptiker, die viel weniger defekt

Heilbronner, Zur klinisch, psychol. Untersuchungstechnik. Monatsschr. f. Psych. u. Neur. 17,
105.1905.
 
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