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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Editor]; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0249
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206

Die Methoden der Intelligenzprüfung und der Begriff der Demenz

Worten - nicht viel anders wie aus sonstigen Äußerungen, etwa Briefen u. dgl., die von
ihnen niedergelegt würden. - Eine Rubrizierung unter individuelle Vorstellungen, all-
gemeine Vorstellungen i. und 2. Grades, Vorstellungsverknüpfungen, weiter räumli-
che, zeitliche, kausale usw. als Unterabteilungen, hilft uns nichts zu einer deutliche-
ren Erfassung des einzelnen Falles, und hat uns ebenfalls nichts gebracht, das zu
Unterscheidungen verschiedener Typen, zu einer Differenzierung der Seiten des
Schwachsinns geführt hätte. Das System ist überflüssig. Das Resultat ist dann auch ein
unbrauchbarer Stoff von 8 Fällen, an die einige interessante Bemerkungen geschlos-
sen werden, die durch jenen Ballast nicht besser werden. Daß Individuen Einbuße an
Merkfähigkeit, Kenntnissen usw. haben können, ohne in dem definierten Sinn (sich
nicht »in dem Getriebe der sozialen Gemeinschaft« erhalten zu können) dement zu
sein, hätte Redepenning aus dem Studium des schon vorliegenden Materials ebenso-
gut erschließen können. Seine allgemeinen Erörterungen über den Begriff der Verblö-
dung sind von seinem eigenen Material völlig unabhängig.
Ein besonders umfangreiches Gebiet der Literatur bilden die Gesamtschemata zur
Untersuchung der geistigen Entwicklung des Kindes und der Grad457 des kindlichen Schwach-
sinns. Führend ist hier Binet'.458 Es wird angestrebt, eine Reihe von Tests zu finden, die
durch zunehmende Schwierigkeit in dieser Reihe ein »Stufenmaß der Intelligenz« dar-
stellen sollen. Man wird diesen Versuchen recht skeptisch gegenüberstehen. Sie haben
schon zu absonderlichen Auswüchsen geführt. Sante de Sanctis“459 kommt mit 6 Tests
171 aus, um den Grad des | Schwachsinns festzustellen und »ein Individuum, das die ganze
Serie der Tests korrekt und mit normaler Schnelligkeit besteht, ist nicht irrsinnig«.460
Immerhin gesteht Sante de Sanctis zum Schluß, daß »diese Studien noch nicht abge-
schlossen«461 sind. - Will man sich daran ergötzen, wie naive und zugleich pathetische
Freude am bloßen Untersuchen von schwachsinnigen Kindern ohne Methode sich
gebärdet, lese man Goddard'''.462
Ein wertvolles Schema zur systematischen Beschreibung einer ganzen Persönlichkeit ent-
wickelt das Institut für angewandte Psychologie.463 Ein Fragment dieses »psychographi-
schen Schemas« ist veröffentlicht''.464 Besondere Methoden sind nach der Ansicht dieses
Schemas nicht entwickelt. Es wird eine Anweisung zur genauen Anamnese und Beschrei-
bung gegeben. Die Abteilungen, die für die Intelligenz vor allem in Betracht kommen
(Phantasie, Denken, Urteilen, Selbstbeobachtung usw.), sind noch nicht erschienen.
Wenn wir nun auf die ganze Reihe der Methoden der Intelligenzprüfung zurückblik-
ken, so ist uns die anfängliche Scheidung der Kenntnis- (Inventar) von den Fähigkeits-

i Über seine zahlreichen Arbeiten ein gründlicher Sammelbericht von O. Bobertag in Zeitschr. f.
angew. Psychol. 3, 230 ff.: »Binets Arbeiten über die intellektuelle Entwicklung des Schulkindes
(1894-1909).«
ü Eos 2, 97.1906.
iii Eos 5,177.1909.
iv Zeitschr. f. angew. Psychol. 3,191 ff. 1909.
 
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