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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Hrsg.]; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0260
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Die Methoden der Intelligenzprüfung und der Begriff der Demenz

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Krueger und Spearman angenommene »plastische Funktion«,479 die Seite der Auf-
merksamkeit, die nicht in der Aktivität, sondern in der Veränderung des Bewußtseins
der Gegenstände in bezug auf Klarheit, Deutlichkeit und Intensität besteht. Solche
»Vorbedingungen« könnte man noch weitere aufzählen.
Näher kommen wir schon der Intelligenz mit der Betrachtung der Assoziationen* 1.480
Um hier den Gesichtspunkt des Werkzeuges recht deutlich werden | zu lassen, brauchen
wir einen Vergleich. Wenn ich einen Gegenstand in die Hand nehmen will, so wird die-
ser Wille der Anlaß, daß ein höchst kompliziertes mechanisches Geschehen, in diesem
Falle im Nervmuskelsystem, abläuft, das mehr oder weniger genau meinen Absichten
entspricht. Analog laufen Vorgänge mit psychischem Erfolg aus Anlaß von Willensim-
pulsen ab. Denke ich z.B. an die Mittel zu einem gewollten Zweck, etwa eine Diagnose
zu stellen, fallen mir, durch das Zielbewußtsein veranlaßt, eine Reihe von Untersu-
chungsarten ein, die, wenn anders ich die hierfür erforderliche »Intelligenz« und die
nötigen Gedächtnisdispositionen besitze, einen gewissen Grad von Zweckmäßigkeit
haben. Hier ist ein psychologisches Geschehen, analog dem der Muskelinnervationen,
in Bewegung gesetzt, das mir als Werkzeug so gut wie meine Muskeln dient, und das
zweckmäßig funktionieren muß, wenn ich mein Ziel erreichen soll. Dieses zweckmä-
ßige Funktionieren ist aber hier so gut außer dem Bereich meines Willens wie die Mus-
keln. Ist das Werkzeug in Stand, kann der Wille arbeiten, wenn nicht, nützt ihm kein
Bemühen. Woher die Zweckmäßigkeit des Werkzeuges kommt, wissen wir nicht und
fragen wir hier nicht. Wir konstatieren sie bloß und suchen ihre Komponenten zu erfas-
sen. In dem Falle des Nachdenkens antwortet uns der Assoziationspsychologe, das alles
geschehe natürlich nach den Gesetzen der Vorstellungsverknüpfung, nach Koexistenz
und Sukzession, nach Ähnlichkeit und Kontrast usw. unter Mitwirkung der Konstella-
tion, die eben durch die Aufgabe bedingt sei. Damit kommen wir nicht viel weiter. Das
Problem bleibt bestehen und ist nur in andere Worte gefaßt: Wie kommt es, daß aus der
unendlichen Zahl von möglichen Assoziationen diese Konstellation die zweckmäßigen
aktuell werden läßt? Wir können nur wiederholen, daß dies ein angeborener und durch
Übung entwickelter, zweckvoller Mechanismus ist, auf dem in diesem Falle die Intelli-
genz beruht. Wir können in diesem Mechanismus dreierlei unterscheiden: Die Masse
der in Gedächtnispositionen vorhandenen Vorstellungen und Begriffe (z.B. in der
Inventaraufnahme geprüft), die Fülle möglicher Assoziationen“ (zum Teil untersucht

welchen Fortschritt »die Herausnahme der Aphasie sowohl wie der Apraxie aus dem undifferen-
zierten Schleim des Demenzbegriffes« bildet. Aphasische wurden in früherer Zeit oft für Geistes-
schwache gehalten.
i Für Ziehen besteht das Wesen der Demenz in dem »diffusen Mangel an Vorstellungen und Vor-
stellungsverknüpfungen« .
ü Hier scheint uns der richtige Kern einer Lehre Tilings (l.c.) unterzubringen zu sein. Er unterschei-
det zwei Arten des Schwachsinns nach dem Verhalten von Ober- und Unterbewußtsein. Wenn
letzteres ausgeschaltet ist, entsteht der öde Automat, wenn es in krankhafter Weise produktiv ist,

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