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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Editor]; Fonfara, Dirk [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0510
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Kausale und »verständliche« Zusammenhänge

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Gegenüber dem psychotischen Geschehen hat der Kranke mehrfach das Bewußt-
sein des Zwanges, dem er sich anfänglich hingibt, dem er sich zum Schluß durch Ablen-
kung zu entziehen sucht. Als er bei der Musik im Kurgarten auf die Terrasse getreten war,
fühlte er den Zwang, einen ganz bestimmten Weg zu gehen. Er mußte genau in die
Fußstapfen einer andern Persönlichkeit treten. Er gab sich dem Zwange, mit körperli-
chen Bewegungen der Musik zu folgen, hin, usw.
Die Bewegungen, die der Kranke in seiner Psychose machte, sind nach seiner Ansicht
immer motiviert gewesen, auch die sonderbarsten, fälschlich für »katatonisch« zu hal-
tenden Bewegungen. Wenn er solche Bewegungen ausführte, wollte er z.B. den Wesen
in sich besseren Platz verschaffen, deren Bewegung fördern u. dgl. Diese Angabe der
durchgehenden Motivierung während der Psychose als »katatonisch« auffallender
motorischer Erscheinungen ist bei solchen Arten erlebnisreicher akuter Psychosen
nicht ungewöhnlich, z.B. führen wir noch Nerval an:
»Der kataleptische Zustand, in dem ich mich mehrere Tage befunden hatte, wurde mir wis-
senschaftlich erklärt und die Berichte derer, die mich so gesehen hatten, versetzten mich in eine
Art Gereiztheit, als ich sah, daß man der Geistesverwirrung die Bewegungen und Worte
zuschrieb, die für mich mit den verschiedenen Phasen einer logischen Kette von Ereignissen
zusammenfielen.«916
Unter den Phänomenen der Willenssphäre ist ein weiteres auffallendes und cha-
rakteristisches Faktum, das Gefühl außerordentlicher Kraft. Unser Kranker fühlte sich
den Menschen an Körperkraft unendlich überlegen. Er fühlte, daß zehn Männer ihn
nicht würden halten können. Dieses Riesenkraftgefühl ist ebenfalls häufig:
»Da hatte ich die Idee, daß ich sehr groß geworden sei, und daß ich durch eine Flut von elek-
trischen Kräften alles niederwerfen würde, was sich mir näherte. Es war etwas Komisches in der
Sorgfalt, mit der ich meine Kräfte im Zaum hielt und das Leben der Soldaten, die mich aufge-
griffen hatten, verschonte.« (Nerval.)917
2. Kausale Zusammenhänge. Es zweifelt wohl niemand, daß es sich bei unserem
Kranken um einen schizophrenen Prozeß handelt. Da wir von der | Ursache dieser Pro- 4 02
zesse, abgesehen von häufiger gleichartiger hereditärer Belastung - diese liegt in unse-
rem Falle nicht vor - gar nichts wissen, können wir nur fragen, wann der Prozeß begon-
nen hat. Es liegt nahe, den Nachlaß des Fleißes des Kranken und den Beginn der tiefen
Abneigung gegen Jurisprudenz vor 6 Jahren als erste Äußerung des Prozesses anzusehen.
Vor 4 Jahren begann es, daß er sich von seiner Familie ganz unverstanden fühlte und
sich von seinen Kameraden zurückzog. Sieht man diese beiden Epochen als die ersten
leichtesten Schübe des Prozesses an, so wird dieser deutlich und unbezweifelbar seit
zwei Jahren. Er wurde mißtrauisch, deprimiert, wortkarg, klagte ständig, daß er sich
nicht wohl fühle, wurde reizbar, unzugänglich, verlor fast alle Initiative. Diese schwe-
rere Phase klang zunächst wieder ab, es blieb aber ein schizophrener Dauerzustand: Er
war brüsk und beleidigend gegen Bekannte, sonst aber sehr schüchtern, sein Beneh-
 
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