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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Hrsg.]; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0590
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Stellenkommentar

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Karl Bonhoeffer hatte 1908 in einem Beitrag zur Klassifikation der symptomatischen Psycho-
sen die Konzeption von organisch bedingten exogenen Reaktionstypen eingeführt. Vgl.
K. Bonhoeffer: »Zur Frage der Klassifikation der symptomatischen Psychosen«, in: Berliner
klinische Wochenschrift 45 (1908) 2257-2260.
Als Begründer des Psychopathie-Begriffs gilt Julius Koch (1841-1908). Während dieser von
»psychopathischen Minderwertigkeiten« sprach, führte Kraepelin zuerst den Begriff der
»psychopathischen Zustände« (1896) und danach denjenigen der »psychopathischen Per-
sönlichkeit« (1904) ein, wobei er den Fokus auf die Dissozialität legte. Nach Birnbaum han-
delte es sich dabei um »solche Individuen, welche konstitutionell bedingte, im wesentlichen
auf den Persönlichkeitskomplex sich erstreckende pathologische Abweichungen mässigen
Grades aufweisen« (K. Birnbaum: Über psychopathische Persönlichkeiten. Eine psychopathologi-
sche Studie, Wiesbaden 1907,7).
Vgl. E. Bleuler: Dementia Praecox oder die Gruppe der Schizophrenien, Leipzig, Wien 1911. Siehe
zur Dementia praecox Stellenkommentar, Nr. 298.
In der Allgemeinen Psychopathologie [1920], 214, verweist Jaspers auf P. Janet: L'automatisme
psychologique, Paris 1889. Siehe hierzu auch den Abschnitt »Die Abspaltung seelischer Zusam-
menhänge« (Allgemeine Psychopathologie [1923], 246-251).
Bleuler definierte die Schizophrenie als »eine spezifisch geartete [...] Alteration des Denkens
und Fühlens und der Beziehung zur Aussenwelt«. In einigen schweren Fällen konnte es dazu
kommen, dass die Person zeitweilig ihre Einheit verlor. Bestimmte »Vorstellungs- und Stre-
bungsgruppen [konnten sich dabei] >abspalten< und ganz oder teilweise unwirksam werden«
(Bleuler: Dementia Praecox, 6). Der von Bleuler eingeführte Begriff >Schizophrenie< bezieht
sich auf die Spaltung der Assoziationen (vgl. ebd., 436).
Vgl. hierzu Stellenkommentar, Nr. 315.
Siehe hierzu S. 71 und Stellenkommentar, Nr. 250.
Vgl. W. Hellpach: Grundlinien einer Psychologie der Hysterie, Leipzig 1904, 71-86. - Willy
Hellpach (1877-1955), später Politiker und Journalist, hatte sich mit dieser Arbeit bei Franz
Nissl in Heidelberg habilitiert. In seinen Grundgedanken zur Wissenschaftslehre der Psychopa-
thologie von 1906 hatte Hellpach für eine »autonome Psychopathologie« plädiert, die auf
Erfahrung und Beobachtung basieren sollte. Sein Werk war sozialpsychiatrisch orientiert.
Vom intellektuellen Austausch zwischen Hellpach und Jaspers zeugt deren reger Briefwech-
sel. Vgl. Jaspers: Korrespondenzen 1,179-203.
Zur Krankheitseinheit siehe Stellenkommentar, Nr. 336.
Zur Anmerkung: W. Griesinger: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten für
Aerzte und Studierende, vierte Aufl., Braunschweig 1876, 170. Hier zitiert Jaspers ausnahms-
weise die vierte und nicht, wie sonst, die erste Auflage. Die Schreibweise ist von Jaspers ange-
passt.
Der Ganser’sche Dämmerzustand, auch Ganser’sches Syndrom, bezeichnet eine nach Sigbert
Ganser (1853-1931) benannte hysterische Symptomgruppierung, die sich in einem Dämmer-
zustand mit Bewusstseinseinschränkung und starker Verwirrtheit (Danebenreden, Vorbei-
antworten, Vorbeihandeln) äußert. Dieser wird besonders in belastenden Situationen, wie
z.B. in Gefangenschaft, beobachtet. Vgl. S. Ganser: »Ueber einen eigenartigen hysterischen
Dämmerzustand«, in: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten 30 (1898) 633-640.
Unter dem sogenannten Gouvernantenwahnsinn verstand man »eine subakute oder chro-
nische Form der Paranoia, welche aufgrund jahrelanger Affektschädigungen bald plötzlich
 
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