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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0108
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IDritte Vorlesung

71

Wahrheit als Mitteilbarkeit
Aus der Weite des Umgreifenden zur Bindung durch Kommunikation. - Vergleich von Mensch
und Tier. - Wahrheit in der Kommunikation.71
I. Die Mitteilung in dem Umgreifenden, das wir sind:
Kommunikation in Dasein, in Bewußtsein überhaupt, in Geist.74
Vergleich des Wahrheitssinnes.77
2. Der Kommunikationswille von Vernunft und Existenz:
Ungenügen an den drei Weisen der Kommunikation.80
Existentielle und vernünftige Kommunikation.86
Ergänzung der vergleichenden Charakteristik des Wahrheitssinnes.90
3. Der Sinn des Wahrseins und der totale Kommunikationswille ♦
Der zweifache Sinn von Wahrheit in der Zeit (dogmatische und kommunikative Wahrheit) ... 92
Die Offenheit des Kommunikationswillens auf seinem Weg in der Wirklichkeit .95
Die vielfache existentielle Wahrheit für den radikalen Kommunikationswillen .96
Die Transzendenz: Kommunikation als Erscheinung des Zeitdaseins.101

Für die Frage nach der Wahrheit wird die größte Weite möglich durch das Wissen um
die Weisen des Umgreifenden, die in der letzten Vorlesung vergegenwärtigt wurden.
In jeder dieser Weisen muß Sein und Wahrheit einen eigentümlichen und unterschie-
denen Sinn haben. Wir werden der Wahrheit nur inne, wenn wir in jedem | Umgrei- 72
fenden sie erfahren und keine ihrer Weisen auslassen.
In jeder dieser Weisen aber geschieht ein Zurückholen aus der Weite, - welche als ♦
bloße Weite nur vernichtigen würde - durch die Bindung, welche aus dem erwächst,
was das Gemeinsame allen Wahrseins in jeder Weise des Umgreifenden ist: daß es, um
eigentlich wahr zu sein, mitteilbar sein muß.154
Wir vergegenwärtigen dieses ursprüngliche Phänomen unseres Menschseins: wir
sind, was wir sind, nur durch die Gemeinschaft gegenseitigen bewußten Verständlich-
werdens. Es kann keinen Menschen geben, der für sich allein als bloß Einzelner ein
Mensch wäre.
Tiere sind entweder als einzelne das, was sie sind, in allen Generationen immer wie-
der noch einmal durch Vererbung und natürliches Wachstum; oder sie bilden Gemein-
schaften, in die sie bewußtlos hineingenommen werden durch ihre Instinkte, die nur
wiederholbare immer gleiche, ungeschichtliche, nach Naturgesetzen zwangsläufig
entstehende Gebilde hervorbringen, beliebig ersetzbare Funktionen des Ganzen. Tiere
geraten daher einerseits in die unmittelbare Wirklichkeit fest zusammenhaltender Ge-
 
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