Grundsätze des Philosophierens
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dd. Die Philosophie verführe zum Individualismus und Egoismus: Da alles Leben
auf Gemeinschaft und Hingabe an die Gemeinschaft beruht, ist Philosophie Quelle
der gefährlichen Absonderung. Der Philosoph kümmert sich um sich selbst, nicht um
das Ganze. Der Einzelne ist das Höchste.
Alle Vorwürfe pflegen sich zu concentrieren in diesem einen, die Philosophie sei nur
für den Menschen als Einzelnen da, und darum sei sie Ursprung der Eigenmächtigkeit,
des Egoismus. Hier ist die echte Philosophie von ihrem Missbrauch zu unterscheiden.
Die Philosophie hat die ihr eigene Aufgabe, dem Menschen zu helfen, indem sie
zunächst dem Einzelnen in seinem Innersten hilft, sich an den Einzelnen wendet.
Denn der Mensch ist nicht nur Glied eines Ganzen, nicht nur im Dienst einer Sache,
nicht nur solidarisch mit allen anderen, sondern dieses alles wesentlich in dem
Maasse, als er als Einzelner er selbst ist. Dass er sein ewiges Heil sucht, und darin wirk-
lich er selbst wird, ist Bedingung für seinen Wert als Glied, für die Verlässlichkeit sei-
ner Solidarität, für den Gehalt seines Dienstes. Wo der Einzelne als Einzelner erlischt,
da verschwindet das Menschsein. Wo Menschsein im Ganzen sich verwirklicht, da ist
der Einzelne doch die concrete Wirklichkeit des Menschen, ist Ursprung und Gipfel.
Obgleich Philosophie als solche ohne sociologische Gestalt wirklich ist und wie eine
blosse Liebhaberei aussehen kann, ist sie berufen, das Menschsein zu tragen, und tut
dies in der Tat jederzeit in einer klaren3 oder unbewussten Gestalt.
Dass es unter Berufung auf Philosophie verwerfliche Erscheinungen in Menge gibt,
so auch willkürliche Eigenmächtigkeiten und Egoismen, ist unleugbar. Dass diese aber
notwendig seien und im ursprünglichen Wesen der Philosophie lägen, ist nicht wahr.
Es gibt eine Animosität gegen Philosophie, die auf ihre Antriebe zu prüfen ist: die Nei-
gung, sich dem Äussersten, den Grenzen zu entziehen; sich Maasstäben nicht auszuset-
zen, deren Ansprüche unbequem sind; Hass gegen geistige Überlegenheit; universale Ten-
denz zur Verschleierung, in deren Trübe zu leben als Erleichterung empfunden wird.
3. Die biblische Religion im Ganzen
Religion ist real nur in der historischen Gestalt bestimmter Konfessionen. Wenn aber
die Wahrheit des Glaubens diese concrete Gestalt des Bekenntnisses und der prakti-
schen Verwirklichung in einer Gemeinschaft hat, so scheint darin immer nur eine Teil-
wahrheit ergriffen werden zu können. Die volle Wahrheit der Religion scheint erst in
der Totalität aller Religionen zu liegen. Wenn aber der Versuch der Hinwendung an
dieses nirgends bestehende Ganze gemacht wird, so löst sich die Realität des Glaubens
ins Abstrakte und Unbestimmte einer gemeinschaftslosen Wahrheit auf.
klaren im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu bewussten
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dd. Die Philosophie verführe zum Individualismus und Egoismus: Da alles Leben
auf Gemeinschaft und Hingabe an die Gemeinschaft beruht, ist Philosophie Quelle
der gefährlichen Absonderung. Der Philosoph kümmert sich um sich selbst, nicht um
das Ganze. Der Einzelne ist das Höchste.
Alle Vorwürfe pflegen sich zu concentrieren in diesem einen, die Philosophie sei nur
für den Menschen als Einzelnen da, und darum sei sie Ursprung der Eigenmächtigkeit,
des Egoismus. Hier ist die echte Philosophie von ihrem Missbrauch zu unterscheiden.
Die Philosophie hat die ihr eigene Aufgabe, dem Menschen zu helfen, indem sie
zunächst dem Einzelnen in seinem Innersten hilft, sich an den Einzelnen wendet.
Denn der Mensch ist nicht nur Glied eines Ganzen, nicht nur im Dienst einer Sache,
nicht nur solidarisch mit allen anderen, sondern dieses alles wesentlich in dem
Maasse, als er als Einzelner er selbst ist. Dass er sein ewiges Heil sucht, und darin wirk-
lich er selbst wird, ist Bedingung für seinen Wert als Glied, für die Verlässlichkeit sei-
ner Solidarität, für den Gehalt seines Dienstes. Wo der Einzelne als Einzelner erlischt,
da verschwindet das Menschsein. Wo Menschsein im Ganzen sich verwirklicht, da ist
der Einzelne doch die concrete Wirklichkeit des Menschen, ist Ursprung und Gipfel.
Obgleich Philosophie als solche ohne sociologische Gestalt wirklich ist und wie eine
blosse Liebhaberei aussehen kann, ist sie berufen, das Menschsein zu tragen, und tut
dies in der Tat jederzeit in einer klaren3 oder unbewussten Gestalt.
Dass es unter Berufung auf Philosophie verwerfliche Erscheinungen in Menge gibt,
so auch willkürliche Eigenmächtigkeiten und Egoismen, ist unleugbar. Dass diese aber
notwendig seien und im ursprünglichen Wesen der Philosophie lägen, ist nicht wahr.
Es gibt eine Animosität gegen Philosophie, die auf ihre Antriebe zu prüfen ist: die Nei-
gung, sich dem Äussersten, den Grenzen zu entziehen; sich Maasstäben nicht auszuset-
zen, deren Ansprüche unbequem sind; Hass gegen geistige Überlegenheit; universale Ten-
denz zur Verschleierung, in deren Trübe zu leben als Erleichterung empfunden wird.
3. Die biblische Religion im Ganzen
Religion ist real nur in der historischen Gestalt bestimmter Konfessionen. Wenn aber
die Wahrheit des Glaubens diese concrete Gestalt des Bekenntnisses und der prakti-
schen Verwirklichung in einer Gemeinschaft hat, so scheint darin immer nur eine Teil-
wahrheit ergriffen werden zu können. Die volle Wahrheit der Religion scheint erst in
der Totalität aller Religionen zu liegen. Wenn aber der Versuch der Hinwendung an
dieses nirgends bestehende Ganze gemacht wird, so löst sich die Realität des Glaubens
ins Abstrakte und Unbestimmte einer gemeinschaftslosen Wahrheit auf.
klaren im Vorlesungs-Ms. 1945/46 hs. Vdg. zu bewussten