ΙΟ
Mischa Meier, Christine Radtki, Fabian Schulz
Die Textgrundlage
Eine komplizierte, auf den ersten Blick wirre Überlieferungslage (dazu unten mehr),
hat mit zu dem skizzierten Negativurteil über Johannes Malalas beigetragen. Lange
Zeit fehlte eine Textedition, die höheren wissenschaftlichen Ansprüchen genügen
konnte und die verschiedenen Überlieferungstraditionen angemessen abbildete. Den
Beginn der neuzeitlichen Beschäftigung mit der Chronik stellte die editio princeps des
Baroccianus (der Haupthandschrift, s.u.) dar, die Edmund Chilmead im Jahr 1691
vorlegte.11 Diese Edition ist allerdings aufgrund zahlreicher handwerklicher Unzu-
länglichkeiten in hohem Maße problematisch (u.a. fehlt das im Baroccianus nicht
überlieferte erste Buch der Chronik}. Dennoch diente Chilmeads Text Ludwig Din-
dorf als Grundlage für seine Malalas-Edition aus dem Jahr 1831.12 Dindorf hatte al-
lerdings den Baroccianus nicht selbst hinzugezogen und übernahm daher zahlreiche
Lesefehler Chilmeads. Trotzdem war die Forschung bis zum Jahr 2000 weitgehend
auf seine Edition angewiesen, da es lediglich für die Bücher 9-12 Alexander Schenk
Graf von Stauffenberg im Jahr 1931 gelungen war, einen mit wichtigen Einzelbeobach-
tungen versehenen solideren Text vorzulegen.13 Mit dem Erscheinen einer englischen
Malalas-Übersetzung im Jahr 1986, die von einer australischen Forschergruppe um
Elizabeth Jeffreys, Michael Jeffreys, Roger Scott, Brian Croke, Jenny Ferber, Simon
Franklin, Alan James, Douglas Kelly, Ann Moffatt und Ann Nixon erarbeitet wurde,
konnte ein wichtiger Fortschritt erzielt werden,14 denn in dieser Übersetzung wurden
erstmals konsequent auch Lesarten aus der Parallelüberlieferung herangezogen, die
vom Baroccianus abweichen bzw. diesen ergänzen. Seitdem ist der Materialbestand der
sekundären Text- bzw. Überlieferungsträger gut dokumentiert. Ein weiterer Durch-
bruch erfolgte im Jahr 2000 mit dem Erscheinen der neuen, aktuell maßgeblichen
Malalas-Edition von Johannes Thurn, der dem Studium der Textzeugen Jahrzehnte
gewidmet hat und schließlich (posthum) einen Text vorlegen konnte, der zwar seiner-
seits in verschiedener Hinsicht Probleme aufweist (etwa im Umgang mit der slawi-
schen Überlieferung), aber insgesamt eine erhebliche Verbesserung darstellt.15 Thurn
setzte dabei die von Kristen Weierholt begonnene Arbeit fort, der selbst eine Edition
geplant hatte, darüber jedoch im Jahr 1973 verstorben war.16 Zurzeit befindet sich eine
Neubearbeitung der englischen Malalas-Übersetzung in Vorbereitung, die nunmehr
aufThurns Edition zurückgreifen kann. Johannes Thurn, der seiner Edition des Textes
auch eine ausführliche Bibliographie aller relevanten Titel bis zum Jahr 2000 vorange-
stellt hat, arbeitete bis zu seinem Tod auch an einer deutschen Malalas-Übersetzung,
die als unfertiger Torso zurückblieb und auf Umwegen zu Mischa Meier gelangt ist,
11 Bentley/Chilmaed/Hody (1733).
12 Dindorf (1831).
13 Schenk von Stauffenberg (1931).
14 Jeffreys/Jeffreys/Scott (1986).
15 Thurn (2000).
16 Weierholt (1966).
Mischa Meier, Christine Radtki, Fabian Schulz
Die Textgrundlage
Eine komplizierte, auf den ersten Blick wirre Überlieferungslage (dazu unten mehr),
hat mit zu dem skizzierten Negativurteil über Johannes Malalas beigetragen. Lange
Zeit fehlte eine Textedition, die höheren wissenschaftlichen Ansprüchen genügen
konnte und die verschiedenen Überlieferungstraditionen angemessen abbildete. Den
Beginn der neuzeitlichen Beschäftigung mit der Chronik stellte die editio princeps des
Baroccianus (der Haupthandschrift, s.u.) dar, die Edmund Chilmead im Jahr 1691
vorlegte.11 Diese Edition ist allerdings aufgrund zahlreicher handwerklicher Unzu-
länglichkeiten in hohem Maße problematisch (u.a. fehlt das im Baroccianus nicht
überlieferte erste Buch der Chronik}. Dennoch diente Chilmeads Text Ludwig Din-
dorf als Grundlage für seine Malalas-Edition aus dem Jahr 1831.12 Dindorf hatte al-
lerdings den Baroccianus nicht selbst hinzugezogen und übernahm daher zahlreiche
Lesefehler Chilmeads. Trotzdem war die Forschung bis zum Jahr 2000 weitgehend
auf seine Edition angewiesen, da es lediglich für die Bücher 9-12 Alexander Schenk
Graf von Stauffenberg im Jahr 1931 gelungen war, einen mit wichtigen Einzelbeobach-
tungen versehenen solideren Text vorzulegen.13 Mit dem Erscheinen einer englischen
Malalas-Übersetzung im Jahr 1986, die von einer australischen Forschergruppe um
Elizabeth Jeffreys, Michael Jeffreys, Roger Scott, Brian Croke, Jenny Ferber, Simon
Franklin, Alan James, Douglas Kelly, Ann Moffatt und Ann Nixon erarbeitet wurde,
konnte ein wichtiger Fortschritt erzielt werden,14 denn in dieser Übersetzung wurden
erstmals konsequent auch Lesarten aus der Parallelüberlieferung herangezogen, die
vom Baroccianus abweichen bzw. diesen ergänzen. Seitdem ist der Materialbestand der
sekundären Text- bzw. Überlieferungsträger gut dokumentiert. Ein weiterer Durch-
bruch erfolgte im Jahr 2000 mit dem Erscheinen der neuen, aktuell maßgeblichen
Malalas-Edition von Johannes Thurn, der dem Studium der Textzeugen Jahrzehnte
gewidmet hat und schließlich (posthum) einen Text vorlegen konnte, der zwar seiner-
seits in verschiedener Hinsicht Probleme aufweist (etwa im Umgang mit der slawi-
schen Überlieferung), aber insgesamt eine erhebliche Verbesserung darstellt.15 Thurn
setzte dabei die von Kristen Weierholt begonnene Arbeit fort, der selbst eine Edition
geplant hatte, darüber jedoch im Jahr 1973 verstorben war.16 Zurzeit befindet sich eine
Neubearbeitung der englischen Malalas-Übersetzung in Vorbereitung, die nunmehr
aufThurns Edition zurückgreifen kann. Johannes Thurn, der seiner Edition des Textes
auch eine ausführliche Bibliographie aller relevanten Titel bis zum Jahr 2000 vorange-
stellt hat, arbeitete bis zu seinem Tod auch an einer deutschen Malalas-Übersetzung,
die als unfertiger Torso zurückblieb und auf Umwegen zu Mischa Meier gelangt ist,
11 Bentley/Chilmaed/Hody (1733).
12 Dindorf (1831).
13 Schenk von Stauffenberg (1931).
14 Jeffreys/Jeffreys/Scott (1986).
15 Thurn (2000).
16 Weierholt (1966).