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Carrara, Laura [Hrsg.]; Meier, Mischa [Hrsg.]; Radtki-Jansen, Christine [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Malalas-Studien: Schriften zur Chronik des Johannes Malalas (Band 2): Die Weltchronik des Johannes Malalas: Quellenfragen — Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51242#0022
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Zu den Quellen der Chronik des Johannes Malalas

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gewählten, in dieser Hinsicht besonders vielversprechenden Passagen: die berühmte
Kurzgeschichte über den verarmten comes domesticorum Eulalios und seine Töchter in
Chronographia XVIII 23 und das umfassende ,Perser-Dossier in Chronographia XVIII
34-76. Die Studie von Laura Carrara (Heidelberg/Tübingen) nimmt die längste Erd-
bebenbeschreibung der Malalas-Chronik {Chronographia XVII 16) in den Blick und
arbeitet die rhetorische Prägung einiger darin enthaltener Redewendungen und Ge-
danken heraus. Diese führt Carrara auf Malalas’ Kenntnis einer einschlägigen rheto-
rischen Vorlage zurück: die nur in spärlichen Fragmenten auf uns gekommene Mon-
odie auf Antiochia des Prokop von Gaza. Damit wird das Spektrum der schriftlichen
Quellen des Malalas um ein weiteres Literaturfeld neben der Geschichtsschreibung
und der Chronistik - eben die Rhetorik - erweitert. Der Beitrag von Fabian Schulz
(Tübingen) bietet eine Gesamtwürdigung der Orakelsprüche theosophischen Inhalts,
die sich verstreut in der ersten Hälfte (von Buch II bis X) der Malalas-Chronik finden.
Dabei lässt Schulz die möglichen direkten und indirekten Quellen des Malalas für
dieses heterogene Material Revue passieren (von Bouriers Timotheos-Chronik bis zu
theosophischen Orakelsammlungen, von denen heute ein stark verkürztes Exemplar
in der sog. Tübinger Theosophie vorliegt) und präsentiert darüber hinaus die einzelnen
Kontexte, in die Malalas die (woher auch immer) übernommenen Orakel einfügte.
Zwei Beiträge aus dieser letzten Sektion kommen erneut auf das Quellenverhältnis
zwischen Malalas und früheren Geschichtsschreibern und Vertretern des chronogra-
phischen Schrifttums zu sprechen, wobei sie das Thema - anders als die auf jeweils
einzelne Quellenautoren fokussierten Beiträge aus den ersten drei Sektionen - allge-
meiner angehen. Im Beitrag von Roger Scott (Melbourne) geht die Quellenanalyse
Hand in Hand mit einer Rekonstruktion der Entstehungsumstände und der mögli-
chen Hintergründe der Malalas-Chronik. Das Ergebnis dieser Betrachtung ist, dass
Malalas seine Arbeit mit den zeitgenössischen Büchern XVII und XVIII aufnahm,
möglicherweise unter dem Druck der kaiserlichen Gewalt und mithilfe (direkt von
dort in Umlauf gesetzter?) offizieller Notizen; den Rest der Chronik komponierte er
sozusagen „rückwärts“ und auf der Basis schriftlicher Quellen (Bücher I bis XIV: v.a.
Domninos; Bücher XV bis XVI: v.a. Eustathios). Peter van Nuffelen (Gent) behandelt
die in einem Band über die Quellen der Malalas-Chronik eigentlich unumgängliche
Frage nach Sinn, Zweck und Wahrheitsgehalt der Quellenauflistung in der Praefatio
und beantwortet sie optimistisch. Van Nuffelen plädiert dafür, diese Auflistung ernst
zu nehmen, d.h. den dort genannten Autoren sowohl allgemein eine Daseinsberech-
tigung auf dem Gebiet der (spät-)antiken Chronistik und Lokalgeschichte zuzuge-
stehen als auch speziell eine reale Rolle als Quellen des Malalas; die diesbezügliche
moderne Skepsis, die Treadgold bis zum Extrem geführt hat und auch bei Elizabeth
Jeffreys stellenweise spürbar ist,60 hält er für unbegründet.

60 Siehe dazu auch oben Anm. 25.
 
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