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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1/2): Kommentar zu Nietzsches Unzeitgemässen Betrachtungen: I. David Strauss der Bekenner und der Schriftsteller, II. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben — Berlin, Boston: De Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69926#0449
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Stellenkommentar UB II HL 1, KSA 1, S. 254-255 423

philosophischen Empirismus bzw. Sensualismus zugeordnet. Durch diese
Grundtendenz seines Denkens hatte Hume auch Einfluss auf den modernen
Positivismus. David Hume publizierte die Abhandlungen A Treatise of Human
Nature (1739/40) und An Enquiry Concerning Human Understanding (1748). In
seinen 1779 erst postum erschienenen Dialogues Concerning Natural Religion
(Part 10, in: Philosophical Works, Bd. 2, 1826, 508) zitiert Hume die oben ge-
nannten Verse aus John Drydens Drama Aureng-Zebe (IV, 1). - Die Übersetzung
lautet in ihrem Sinnkontext folgendermaßen: „Frage dich selbst, frage jeden
deiner Bekannten, ob jemand die letzten zehn oder zwanzig Jahre seines Le-
bens noch einmal leben möchte. Nein; aber die nächsten zwanzig, wird es hei-
ßen, werden besser sein: Und hoffen, von des Lebens Neige zu erhalten, Was
des Anfangs frischer Lauf nicht geben konnte.“
Mit seinem Rückgriff auf David Hume schließt N. zugleich auch an Scho-
penhauer an, der sich ebenfalls wiederholt auf Hume beruft. Und indem N. auf
Leopardi Bezug nimmt (vgl. NK 256, 18-26), rekurriert er auf einen Autor, den
auch Schopenhauer sehr schätzte. Schopenhauer äußert sich in seinem Haupt-
werk Die Welt als Wille und Vorstellung II über David Hume, und zwar in Kapi-
tel 46 „Von der Nichtigkeit und dem Leiden des Lebens“, in dem er seine eigene
Affinität zu Hume im Hinblick auf die Prämissen der Weltbetrachtung hervor-
hebt: „Derselbe legt [...] unverhohlen, mit sehr triftigen und dennoch ganz an-
dersartigen Argumenten als die meinigen, die trübsälige Beschaffenheit die-
ser Welt und die Unhaltbarkeit alles Optimismus dar; wobei er diesen zugleich
in seinem Ursprung angreift“ (WWVII, Kap. 46, Hü 668). Schopenhauer be-
zieht sich hier auf Humes Dialogues Concerning Natural Religion (1779) und auf
seine Schrift The Natural History of Religion (1757), und er fährt fort: „Beide
Werke Hume’s sind so lesenswerth, wie sie in Deutschland heut zu Tage unbe-
kannt sind [...]. - Aus jeder Seite von David Hume ist mehr zu lernen, als aus
Hegels, Herbarts und Schleiermachers sämmtlichen philosophischen Werken
zusammengenommen“ (WWV II, Kap. 46, Hü 668).
In einem nachgelassenen Notat aus der Entstehungszeit der Historien-
schrift zitiert N. ausführlich zwei Passagen, die Humes pessimistische Weltbe-
trachtung erkennen lassen: „David Hume ,diese Welt ist, im Vergleiche mit
einem hohem Maassstabe, sehr gebrechlich und unvollkommen. Sie war nur
der erste rohe Versuch einer noch jugendlichen Gottheit, welche nachher die-
selbe aus Schaam über die misslungne Arbeit im Stiche liess: sie ist vielleicht
nur das Werk irgend einer abhängigen Untergottheit und der Gegenstand des
Hohngelächters höherer Wesen: vielleicht ist sie die Geburt des Alters und der
Schwachheit, einer der Last der Jahre unterliegenden Gottheit [...]“* (NL 1873,
29 [86], KSA 7, 667-668). „Hume: ,wenn ein Fremder plötzlich auf unsere Erd-
kugel verschlagen würde, so würde ich, um ihm ein Vorbild ihrer Leiden zu
 
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