Stellenkommentar UB III SE 7, KSA 1, S. 408 251
keit.] Arthur Schopenhauers Vater Heinrich Floris Schopenhauer (1747-1805),
der Bildung, pietistische Strenge und Weltoffenheit sowie Redlichkeit, Zivil-
courage und ein ausgeprägtes republikanisches Freiheitsgefühl in sich verein-
te, entstammte einer Dynastie wohlhabender Danziger Kaufleute. Als Danzig
1793 preußisch wurde, zog Heinrich Floris Schopenhauer, der eine aufgeklärte
Reformpolitik befürwortete, Konsequenzen aus dem Wappenspruch seiner Fa-
milie ,Point de bonheur sans liberte' (,Kein Glück ohne Freiheit'): Er beschloss,
in die freie Hansestadt Hamburg überzusiedeln, wo er alsbald ein neues Han-
delshaus gründete, und nahm dabei auch in Kauf, dass er durch den Ortswech-
sel sogar ein Zehntel seines Vermögens einbüßte.
Seinen einzigen Sohn Arthur wollte Heinrich Floris Schopenhauer bereits
durch frühe Auslandsaufenthalte in Kindheit und Jugend zu einem kosmopoli-
tisch orientierten, fremdsprachenkundigen und sozial gewandten Nachfolger
im Kaufmannsberuf ausbilden lassen. Der Wunsch des Sohnes hingegen, der
stattdessen das Gymnasium besuchen wollte, weil er eine Gelehrtenlaufbahn
anstrebte, stieß bei ihm auf wenig Verständnis. Schließlich stellte er ihn vor
die Wahl zwischen der erhofften Gymnasialausbildung und einer mehrjährigen
Auslandsreise mit den Eltern, der dann allerdings die Kaufmannslehre folgen
sollte. Mit dieser Alternative konfrontiert, entschied sich Arthur Schopenhauer
für die Reise. Durch den frühen Tod des Vaters 1805 erhielt er schließlich aber
unverhofft doch die Chance, die mittlerweile bereits angefangene Kaufmanns-
lehre abzubrechen, die Gymnasialausbildung nachzuholen und anschließend
ein Studium zu beginnen. Aufgrund des väterlichen Erbes konnte Arthur Scho-
penhauer bis zu seinem Tod im Jahre 1860 ein privilegiertes, finanziell unab-
hängiges Leben als Privatier führen (vgl. Abendroth 1967, 12-20; Zimmer 2014a,
1-4).
Indem N. bei der Betrachtung der idealen Voraussetzungen für die Entste-
hung genuiner Philosophen in UB III SE den Blick auch auf Schopenhauers
Eltern richtet (408-409), trägt er anthropologischen Prämissen Rechnung, die
Schopenhauer selbst in seiner Schrift Ueber die Universitäts-Philosophie formu-
lierte. In der Schlusspartie behauptet Schopenhauer hier den Primat der „ange-
borenen Talente" vor „Erziehung und Bildung" (PP I, Hü 209). Die genealogi-
sche Konkretisierung dieser Aussage bietet seine These, „daß Alles darauf
ankommt, wie Einer aus den Händen der Natur hervorgegangen sei, welcher
Vater ihn gezeugt und welche Mutter ihn empfangen habe" (PP I, Hü 209).
Zwar hebt Schopenhauer mit größerem Nachdruck die Bedeutung der Erbanla-
gen für die Genese ,echter' Philosophen hervor, während N. die Relevanz der
„Erzieher und Bildner" (341, 2) betont und in UB III SE ausführlich reflektiert;
aber in der Grundtendenz stimmen N. und Schopenhauer überein (vgl. dazu
das Kapitel III.4 des Überblickskommentars).
keit.] Arthur Schopenhauers Vater Heinrich Floris Schopenhauer (1747-1805),
der Bildung, pietistische Strenge und Weltoffenheit sowie Redlichkeit, Zivil-
courage und ein ausgeprägtes republikanisches Freiheitsgefühl in sich verein-
te, entstammte einer Dynastie wohlhabender Danziger Kaufleute. Als Danzig
1793 preußisch wurde, zog Heinrich Floris Schopenhauer, der eine aufgeklärte
Reformpolitik befürwortete, Konsequenzen aus dem Wappenspruch seiner Fa-
milie ,Point de bonheur sans liberte' (,Kein Glück ohne Freiheit'): Er beschloss,
in die freie Hansestadt Hamburg überzusiedeln, wo er alsbald ein neues Han-
delshaus gründete, und nahm dabei auch in Kauf, dass er durch den Ortswech-
sel sogar ein Zehntel seines Vermögens einbüßte.
Seinen einzigen Sohn Arthur wollte Heinrich Floris Schopenhauer bereits
durch frühe Auslandsaufenthalte in Kindheit und Jugend zu einem kosmopoli-
tisch orientierten, fremdsprachenkundigen und sozial gewandten Nachfolger
im Kaufmannsberuf ausbilden lassen. Der Wunsch des Sohnes hingegen, der
stattdessen das Gymnasium besuchen wollte, weil er eine Gelehrtenlaufbahn
anstrebte, stieß bei ihm auf wenig Verständnis. Schließlich stellte er ihn vor
die Wahl zwischen der erhofften Gymnasialausbildung und einer mehrjährigen
Auslandsreise mit den Eltern, der dann allerdings die Kaufmannslehre folgen
sollte. Mit dieser Alternative konfrontiert, entschied sich Arthur Schopenhauer
für die Reise. Durch den frühen Tod des Vaters 1805 erhielt er schließlich aber
unverhofft doch die Chance, die mittlerweile bereits angefangene Kaufmanns-
lehre abzubrechen, die Gymnasialausbildung nachzuholen und anschließend
ein Studium zu beginnen. Aufgrund des väterlichen Erbes konnte Arthur Scho-
penhauer bis zu seinem Tod im Jahre 1860 ein privilegiertes, finanziell unab-
hängiges Leben als Privatier führen (vgl. Abendroth 1967, 12-20; Zimmer 2014a,
1-4).
Indem N. bei der Betrachtung der idealen Voraussetzungen für die Entste-
hung genuiner Philosophen in UB III SE den Blick auch auf Schopenhauers
Eltern richtet (408-409), trägt er anthropologischen Prämissen Rechnung, die
Schopenhauer selbst in seiner Schrift Ueber die Universitäts-Philosophie formu-
lierte. In der Schlusspartie behauptet Schopenhauer hier den Primat der „ange-
borenen Talente" vor „Erziehung und Bildung" (PP I, Hü 209). Die genealogi-
sche Konkretisierung dieser Aussage bietet seine These, „daß Alles darauf
ankommt, wie Einer aus den Händen der Natur hervorgegangen sei, welcher
Vater ihn gezeugt und welche Mutter ihn empfangen habe" (PP I, Hü 209).
Zwar hebt Schopenhauer mit größerem Nachdruck die Bedeutung der Erbanla-
gen für die Genese ,echter' Philosophen hervor, während N. die Relevanz der
„Erzieher und Bildner" (341, 2) betont und in UB III SE ausführlich reflektiert;
aber in der Grundtendenz stimmen N. und Schopenhauer überein (vgl. dazu
das Kapitel III.4 des Überblickskommentars).