368 Richard Wagner in Bayreuth
Festspielhauses hielt. Bei diesem Festakt am 22. Mai 1872 war auch N. anwe-
send. Noch im selben Jahr wurde Wagners Rede im Musikalischen Wochenblatt
von Ernst Wilhelm Fritzsch publiziert, in dessen Verlag auch Werke N.s
erschienen. Wagner nahm sie 1873 in einen Bericht mit dem Titel Das Bühnen-
festspielhaus zu Bayreuth auf (GSD IX, 322-344). Zum Inhalt dieser Rede vgl.
NK 432, 16-23.
432, 16-23 „Nur Sie, sagte er damals, die Freunde meiner besonderen Kunst [...],
hatte ich, um für meine Entwürfe mich an Theilnehmende zu wenden: [...] trotzdem
sie ihnen nur noch unrein und entstellt bisher vorgeführt werden konnte."] N. zitiert
hier aus Richard Wagners Schrift Das Bühnenfestspielhaus zu Bayreuth (GSD IX,
329), verändert dabei allerdings teilweise Orthographie und Interpunktion. Wag-
ner schreibt: „Meine Freunde und werthen Gönner! Durch Sie bin ich heute auf
einen Platz gestellt, wie ihn gewiß noch nie vor mir ein Künstler einnahm. Sie
glauben meiner Verheißung, den Deutschen ein ihnen eigenes Theater zu grün-
den, und geben mir die Mittel, dieses Theater in deutlichem Entwürfe vor ihnen
aufzurichten. Hierzu soll für das Erste das provisorische Gebäude dienen, zu wel-
chem wir heute den Grundstein legen. [...] Nur Sie, die Freunde meiner besonde-
ren Kunst, meines eigensten Wirkens und Schaffens, hatte ich, um für meine Ent-
würfe mich an Theilnehmende zu wenden: nur um Ihre Mithilfe für mein Werk
konnte ich Sie angehen: dieses Werk rein und unentstellt Denjenigen vorführen
zu können, die meiner Kunst ihre ernstliche Geneigtheit bezeigten, trotzdem sie
ihnen nur noch unrein und entstellt bisher vorgeführt werden konnte, - dieß war
mein Wunsch, den ich Ihnen ohne Anmaaßung mittheilen durfte. Und nur in die-
sem, fast persönlichen Verhältnisse zu Ihnen, meine Gönner und Freunde, darf
ich für jetzt den Grund erkennen, auf welchen wir den Stein legen wollen, der das
ganze, uns noch so kühn vorschwebende Gebäude unserer edelsten deutschen
Hoffnungen tragen soll" (GSD IX, 326-329).
432, 24 In Bayreuth ist auch der Zuschauer anschauenswerth] Bereits in der
Geburt der Tragödie betont N. die Bedeutung der „wahrhaft aesthetischen Zu-
schauer" (KSA 1, 151, 2-3). Und zuvor erklärt N. hinsichtlich von Wagners Bay-
reuth-Projekt: „So ist mit der Wiedergeburt der Tragödie auch der aestheti-
sche Zuhörer wieder geboren [...]" (KSA 1, 143, 9-10).
432, 32-34 So werden alle Die, welche das Bayreuther Fest begehen, als unzeit-
gemässe Menschen empfunden werden] In UB IV WB finden sich zahlreiche An-
spielungen auf die ,Unzeitgemäßheit' Wagners, den N. schon am 15. August
1869 in einem Brief an Erwin Rohde als „unzeitgemäß im schönsten Sinne"
bezeichnete (vgl. KSB 3, Nr. 22, S. 42). Rückblickend konstatiert N. auch noch
in Ecce homo, er habe Schopenhauer und Wagner in „der dritten und vier-
ten Unzeitgemässen" angesichts der kulturellen Krisensituation als „unzeitge-
Festspielhauses hielt. Bei diesem Festakt am 22. Mai 1872 war auch N. anwe-
send. Noch im selben Jahr wurde Wagners Rede im Musikalischen Wochenblatt
von Ernst Wilhelm Fritzsch publiziert, in dessen Verlag auch Werke N.s
erschienen. Wagner nahm sie 1873 in einen Bericht mit dem Titel Das Bühnen-
festspielhaus zu Bayreuth auf (GSD IX, 322-344). Zum Inhalt dieser Rede vgl.
NK 432, 16-23.
432, 16-23 „Nur Sie, sagte er damals, die Freunde meiner besonderen Kunst [...],
hatte ich, um für meine Entwürfe mich an Theilnehmende zu wenden: [...] trotzdem
sie ihnen nur noch unrein und entstellt bisher vorgeführt werden konnte."] N. zitiert
hier aus Richard Wagners Schrift Das Bühnenfestspielhaus zu Bayreuth (GSD IX,
329), verändert dabei allerdings teilweise Orthographie und Interpunktion. Wag-
ner schreibt: „Meine Freunde und werthen Gönner! Durch Sie bin ich heute auf
einen Platz gestellt, wie ihn gewiß noch nie vor mir ein Künstler einnahm. Sie
glauben meiner Verheißung, den Deutschen ein ihnen eigenes Theater zu grün-
den, und geben mir die Mittel, dieses Theater in deutlichem Entwürfe vor ihnen
aufzurichten. Hierzu soll für das Erste das provisorische Gebäude dienen, zu wel-
chem wir heute den Grundstein legen. [...] Nur Sie, die Freunde meiner besonde-
ren Kunst, meines eigensten Wirkens und Schaffens, hatte ich, um für meine Ent-
würfe mich an Theilnehmende zu wenden: nur um Ihre Mithilfe für mein Werk
konnte ich Sie angehen: dieses Werk rein und unentstellt Denjenigen vorführen
zu können, die meiner Kunst ihre ernstliche Geneigtheit bezeigten, trotzdem sie
ihnen nur noch unrein und entstellt bisher vorgeführt werden konnte, - dieß war
mein Wunsch, den ich Ihnen ohne Anmaaßung mittheilen durfte. Und nur in die-
sem, fast persönlichen Verhältnisse zu Ihnen, meine Gönner und Freunde, darf
ich für jetzt den Grund erkennen, auf welchen wir den Stein legen wollen, der das
ganze, uns noch so kühn vorschwebende Gebäude unserer edelsten deutschen
Hoffnungen tragen soll" (GSD IX, 326-329).
432, 24 In Bayreuth ist auch der Zuschauer anschauenswerth] Bereits in der
Geburt der Tragödie betont N. die Bedeutung der „wahrhaft aesthetischen Zu-
schauer" (KSA 1, 151, 2-3). Und zuvor erklärt N. hinsichtlich von Wagners Bay-
reuth-Projekt: „So ist mit der Wiedergeburt der Tragödie auch der aestheti-
sche Zuhörer wieder geboren [...]" (KSA 1, 143, 9-10).
432, 32-34 So werden alle Die, welche das Bayreuther Fest begehen, als unzeit-
gemässe Menschen empfunden werden] In UB IV WB finden sich zahlreiche An-
spielungen auf die ,Unzeitgemäßheit' Wagners, den N. schon am 15. August
1869 in einem Brief an Erwin Rohde als „unzeitgemäß im schönsten Sinne"
bezeichnete (vgl. KSB 3, Nr. 22, S. 42). Rückblickend konstatiert N. auch noch
in Ecce homo, er habe Schopenhauer und Wagner in „der dritten und vier-
ten Unzeitgemässen" angesichts der kulturellen Krisensituation als „unzeitge-