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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,4): Kommentar zu Nietzsches "Unzeitgemässen Betrachtungen": III. Schopenhauer als Erzieher, IV. Richard Wagner in Bayreuth — Berlin, Boston: de Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69928#0405
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378 Richard Wagner in Bayreuth

Makedonen und Perser. Wie es heißt, nahmen an diesem Opferfest 9000 Men-
schen teil, die ein und dasselbe Opfer brachten und dazu religiöse Gesänge
anstimmten" (Arrian: Der Alexanderzug. Indische Geschichte. Griechisch und
deutsch, 1985, 558/561). - Der von N. erwähnte „Mischkrug" ist ein charakteris-
tisches griechisches Gefäß (Krater, KpaTqp), dem unsere Bowlen ähneln. Darin
mischte man üblicherweise zwei Fünftel Wein mit drei Fünfteln Wasser. Ale-
xander der Große ließ aus einem solchen „Mischkrug" gleichsam Asien und
Europa trinken, um symbolisch zu zeigen, dass er nach seinen ausgedehnten
Eroberungsfeldzügen in seinem Reich beide Erdteile verbinden und dabei hel-
lenische und orientalische Völker zu einer Einheit zusammenführen wollte. -
Zum Durchschlagen des sogenannten ,gordischen Knotens' durch Alexander
den Großen vgl. NK 447, 21-24. - Das 1. Kapitel von UB IV WB, das sich auf das
Ereignis der Größe bezieht, erreicht seinen Höhepunkt dort, wo Wagner mit
Alexander dem Großen analogisiert wird. Hier hebt N. jeweils einen besonders
bedeutsamen Augenblick im Leben beider Persönlichkeiten hervor. Dabei ver-
rät der hybride Aspekt in diesem Vergleich, wie vorbehaltlos sich N. auf Wag-
ners Größenwahn einlässt.
Zum Motiv des Mischkrugs in medizinischem Kontext vgl. Die fröhliche
Wissenschaft (FW 299; KSA 3, 538, 14). Metaphorisch verwendet N. das Motiv
des Mischkrugs in einem nachgelassenen Notat von 1878, in dem er Ausdrucks-
formen einer pessimistischen Lebenshaltung kritisiert. Den ,Mischkrug' lädt er
hier mit existentieller Bedeutung auf, indem er ihn in einen metaphysischen
Kontext stellt: „Die überfeinen Unglücklichen, wie Leopardi, welche für ihren
Schmerz stolz am ganzen Dasein Rache nehmen, bemerken nicht, wie der gött-
liche Kuppler des Daseins dabei über sie lacht: eben jetzt trinken sie wieder
aus seinem Mischkrug; denn ihre Rache, ihr Stolz, ihr Hang zu denken, was
sie leiden, ihre Kunst, es zu sagen - ist das nicht alles wieder - Honigseim?"
(NL 1878, 38 [2], KSA 8, 575). Zur Mischkrug-Metapher vgl. außerdem Die Philo-
sophie im tragischen Zeitalter der Griechen: „Der Honig ist, nach Heraklit, zu-
gleich bitter und süß, und die Welt selbst ist ein Mischkrug, der beständig
umgerührt werden muß" (KSA 1, 825, 14-16). Die Mischkrug-Metapher korre-
liert N. auch mit der Naturphilosophie des Anaxagoras (vgl. KSA 1, 861, 3-9).
434, 31 wie er wurde, was er ist, was er sein wird] Diese Pathosformel wählt
N. in Anlehnung an eine von griechischen Autoren verwendete Umschreibung
ewiger Dauer. So heißt es bei seinem erklärten Lieblingsphilosophen Heraklit
(Frg. 30, Diels/Kranz): „Koopov tovöe, töv avTÖv dndvTWV, oute tu; Oewv oute
dvOpwnwv EnoipaEv, dÄÄ' qv dei Kai eotiv Kai Verrat [...]" („Diese Weltordnung,
dieselbige für alle Wesen, schuf weder einer der Götter noch der Menschen,
sondern sie war immerdar und ist und wird sein [...]"). Zu weiteren kulturhisto-
 
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