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Neymeyr, Barbara; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 1,4): Kommentar zu Nietzsches "Unzeitgemässen Betrachtungen": III. Schopenhauer als Erzieher, IV. Richard Wagner in Bayreuth — Berlin, Boston: de Gruyter, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.69928#0435
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408 Richard Wagner in Bayreuth

Waffen und Rüstung] Wenig später schreibt N.: „Man kann sich durch Nichts
mehr von der ganzen gegenwärtigen Zeit abheben, als durch den Gebrauch,
welchen man von der Geschichte und Philosophie macht" (444, 2-5). In UB II
HL postuliert N. eine konstruktive Bewältigung der Vergangenheit, damit sie
die vitalen Energien in der Gegenwart nicht gefährdet, und setzt sich zugleich
kritisch mit dem Epigonentum seiner Epoche auseinander. Zur Thematik der
Epigonalität bei N. und zu ihrem kulturhistorischen Kontext vgl. die Stellen-
kommentare zur Geburt der Tragödie (KSA 1, 75, 25-32) in NK 1/1 sowie zu
UB I DS (KSA 1, 169, 15-18), UB II HL (KSA 1, 279, 11-13) und UB III SE (KSA 1,
344, 31-34) in NK 1/2 und NK 1/4. - Dass sich N. von Wagner eine Komplexitäts-
reduktion in der unübersichtlichen modernen Kultur erhofft, wird deutlich,
wenn er ihn als „Vereinfacher der Welt" bezeichnet (447, 34). Vgl. dazu
auch NK 447, 33-34.
443, 34 - 444, 2 den begeisternden Anhauch, welcher von den Grabstätten aller
grossen Kämpfer, aller grossen Leidenden und Denkenden her weht] In einer
Vorstufe heißt es: „den begeisternden Antrieb [dazu] zu erneuernden Thaten"
(KGW IV 4, 126).
444, 9-11 Was der einzelne Montaigne in der Bewegtheit des Reformations-
Geistes bedeutet, ein In-sich-zur-Ruhe-kommen, ein friedliches Für-sich-sein und
Ausathmen] Der französische Schriftsteller und Philosoph Michel Eyquem,
Seigneur de Montaigne (1533-1592), war auch politisch engagiert. So übernahm
er nach seinem Studium der Jurisprudenz politische Verantwortung als Parla-
mentsrat und dann auch als Bürgermeister von Bordeaux, zog sich später aller-
dings für seine schriftstellerische Tätigkeit aus der Öffentlichkeit zurück. Auf-
grund seiner liberalen Überzeugungen und seiner Bereitschaft zur Toleranz
war Montaigne dazu prädestiniert, in der Zeit der Gegenreformation zwischen
verfeindeten religiösen Gruppierungen zu vermitteln. Auf diese Weise erwarb
er sich große Wertschätzung bei Angehörigen verschiedener Konfessionen.
Durch sein im Jahre 1580 publiziertes Hauptwerk Essais wurde Montaigne zum
eigentlichen Begründer des Essays als einer eigenständigen literarisch-philoso-
phischen Gattung. Unter Rückgriff auf antike Traditionen widmet sich Montaig-
ne, der dogmatisches Denken ablehnte, in seinen Essais lebensphilosophi-
schen und moralischen Themenstellungen. Auf der Basis von vorurteilsfreier
Beobachtung von Menschen verbindet Montaigne hier unkonventionelle Refle-
xion mit Tendenzen zur Selbstanalyse. Auf viele Schriftsteller und Philosophen
hatte er großen Einfluss, auch auf Voltaire. N. zeigte sich schon früh von Mon-
taigne fasziniert. Nachdem er von Richard Wagner im Jahre 1870 eine Montaig-
ne-Ausgabe als Weihnachtsgeschenk erhalten hatte, teilte N. seiner Mutter und
Schwester am 30. Dezember 1870 brieflich mit: „Zu Weihnachten bekam ich
 
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