510 Richard Wagner in Bayreuth
480, 17-18 wie er so in Stille sein grösstes Werk förderte und Partitur neben
Partitur legte] In seinem Text Epilogischer Bericht erklärt Richard Wagner: „und
wenn ich so eine stumme Partitur nach der anderen vor mir hinlegte, um sie
selbst nicht wieder aufzuschlagen, kam auch ich wohl zu Zeiten mir wie ein
Nachtwandler vor, der von seinem Thun kein Bewußtsein hätte" (GSD VI, 267).
480, 19-20 die Freunde kamen, eine unterirdische Bewegung vieler Gemüther
ihm anzukündigen] Wiederholt weist N. auf diese „Freunde" hin (480, 27-28;
481, 11). Bereits in der Geburt der Tragödie formuliert er eine emphatische An-
sprache an die „Freunde": „Ja, meine Freunde, glaubt mit mir an das dionysi-
sche Leben und an die Wiedergeburt der Tragödie" (KSA 1, 132, 10-12). Dass N.
hier konkret die Freunde Richard Wagners meint, zeigt schon seine Vorstellung
von einer „Wiedergeburt der Tragödie" im Musikdrama Wagners, der übrigens
selbst eine Schrift mit dem Titel Eine Mittheilung an meine Freunde verfasste.
Hinzu kommt als weiterer Gesichtspunkt, dass N. im unmittelbaren Kontext
dieser Aussage sogar Wagners Tendenz zu Alliterationen adaptiert, indem er
„von den Müttern des Seins" spricht, „deren Namen lauten: Wahn, Wille,
Wehe" (KSA 1, 132, 9-10).
480, 21 es war noch lange nicht das „Volk", das sich bewegte] Vgl. dazu die
Reflexionen über die Problematik, dem Werk institutionell umfassende Wir-
kungsmöglichkeiten in der Zukunft zu sichern, die Richard Wagner in seiner
Schrift Das Bühnenfestspielhaus zu Bayreuth formuliert: „An wen aber wende
ich mich nun, um dem idealen Werke auch seine solide Dauer in der Zeit, der
Bühne ihre schützende monumentale Gehäusung zu sichern? Man bezeichnete
jüngst unsere Unternehmung öfter schon als die Errichtung des ,National-Thea-
ters in Bayreuth'. Ich bin nicht berechtigt, diese Bezeichnung als gütig anzuer-
kennen. Wo wäre die ,Nation', welche dieses Theater sich errichtete? Als kürz-
lich in der französischen Nationalversammlung über die Staatsunterstützung
der großen Pariser Theater verhandelt wurde, glaubten die Redner für die Fort-
erhaltung, ja Steigerung der Subventionen sich feurig verwenden zu dürfen,
weil man die Pflege dieser Theater nicht nur Frankreich, sondern Europa schul-
dig wäre, welches von ihnen aus die Gesetze seiner Geisteskultur zu empfan-
gen gewohnt sei. Wollen wir uns nun die Verlegenheit, die Verwirrung denken,
in welche ein deutsches Parlament gerathen würde, wenn es die ungefähr glei-
che Frage zu behandeln hätte? Seine Diskussionen würden vielleicht zu der
bequemen Abfindung führen, daß unsere Theater eben keiner nationalen Un-
terstützung bedürften, da die französische Nationalversammlung ja auch für
ihre Bedürfnisse bereits sorgte. Im besten Falle würde unser Theater dort so
behandelt werden, wie noch vor wenigen Jahren in unseren verschiedenen
Landtagen dem deutschen Reiche es widerfahren mußte, nämlich: als Chimäre.
480, 17-18 wie er so in Stille sein grösstes Werk förderte und Partitur neben
Partitur legte] In seinem Text Epilogischer Bericht erklärt Richard Wagner: „und
wenn ich so eine stumme Partitur nach der anderen vor mir hinlegte, um sie
selbst nicht wieder aufzuschlagen, kam auch ich wohl zu Zeiten mir wie ein
Nachtwandler vor, der von seinem Thun kein Bewußtsein hätte" (GSD VI, 267).
480, 19-20 die Freunde kamen, eine unterirdische Bewegung vieler Gemüther
ihm anzukündigen] Wiederholt weist N. auf diese „Freunde" hin (480, 27-28;
481, 11). Bereits in der Geburt der Tragödie formuliert er eine emphatische An-
sprache an die „Freunde": „Ja, meine Freunde, glaubt mit mir an das dionysi-
sche Leben und an die Wiedergeburt der Tragödie" (KSA 1, 132, 10-12). Dass N.
hier konkret die Freunde Richard Wagners meint, zeigt schon seine Vorstellung
von einer „Wiedergeburt der Tragödie" im Musikdrama Wagners, der übrigens
selbst eine Schrift mit dem Titel Eine Mittheilung an meine Freunde verfasste.
Hinzu kommt als weiterer Gesichtspunkt, dass N. im unmittelbaren Kontext
dieser Aussage sogar Wagners Tendenz zu Alliterationen adaptiert, indem er
„von den Müttern des Seins" spricht, „deren Namen lauten: Wahn, Wille,
Wehe" (KSA 1, 132, 9-10).
480, 21 es war noch lange nicht das „Volk", das sich bewegte] Vgl. dazu die
Reflexionen über die Problematik, dem Werk institutionell umfassende Wir-
kungsmöglichkeiten in der Zukunft zu sichern, die Richard Wagner in seiner
Schrift Das Bühnenfestspielhaus zu Bayreuth formuliert: „An wen aber wende
ich mich nun, um dem idealen Werke auch seine solide Dauer in der Zeit, der
Bühne ihre schützende monumentale Gehäusung zu sichern? Man bezeichnete
jüngst unsere Unternehmung öfter schon als die Errichtung des ,National-Thea-
ters in Bayreuth'. Ich bin nicht berechtigt, diese Bezeichnung als gütig anzuer-
kennen. Wo wäre die ,Nation', welche dieses Theater sich errichtete? Als kürz-
lich in der französischen Nationalversammlung über die Staatsunterstützung
der großen Pariser Theater verhandelt wurde, glaubten die Redner für die Fort-
erhaltung, ja Steigerung der Subventionen sich feurig verwenden zu dürfen,
weil man die Pflege dieser Theater nicht nur Frankreich, sondern Europa schul-
dig wäre, welches von ihnen aus die Gesetze seiner Geisteskultur zu empfan-
gen gewohnt sei. Wollen wir uns nun die Verlegenheit, die Verwirrung denken,
in welche ein deutsches Parlament gerathen würde, wenn es die ungefähr glei-
che Frage zu behandeln hätte? Seine Diskussionen würden vielleicht zu der
bequemen Abfindung führen, daß unsere Theater eben keiner nationalen Un-
terstützung bedürften, da die französische Nationalversammlung ja auch für
ihre Bedürfnisse bereits sorgte. Im besten Falle würde unser Theater dort so
behandelt werden, wie noch vor wenigen Jahren in unseren verschiedenen
Landtagen dem deutschen Reiche es widerfahren mußte, nämlich: als Chimäre.