Stellenkommentar UB IV WB 8, KSA 1, S. 480-481 511
Baute sich auch vor meiner Seele der Entwurf des wahrhaften ,deutschen Thea-
ters' auf, so mußte ich doch sofort erkennen, daß ich von Innen und Außen
verlassen bleiben würde, wollte ich mit diesem Entwürfe vor die Nation treten.
Doch meint Mancher wohl, was Einem nicht geglaubt werden könne, würde
vielleicht Vielen geglaubt: es dürfte am Ende gelingen, eine ungeheuere Aktien-
Gesellschaft zusammenzubringen, welche einen Architekten beauftrüge, ein
prachtvolles Theatergebäude irgendwo aufzurichten, dem man dann kühn den
Namen eines ,deutschen Nationaltheaters' geben dürfte, in der Meinung, es
würde darin gar bald von selbst auch eine deutsch-nationale Theaterkunst sich
herausbilden" (GSD IX, 328).
480, 22-24 vielleicht der Keim und erste Lebensquell einer in ferner Zukunft
vollendeten, wahrhaft menschlichen Gesellschaft] An Wagner orientiert sich N.,
indem er in UB IV WB die leitmotivische Vorstellung formuliert, diese Gesell-
schaft könne erst in der Zukunft realisiert werden.
480, 25 in Hand und Hut treuer Menschen gelegt] Dieser Ausdruck bedeutet:
der Fürsorge oder Bewachung anvertraut.
480, 34 - 481, 1 Ein grosser Krieg der Deutschen] In der Zeit des deutsch-fran-
zösischen Krieges von 1870/71, nach dessen Ende die Gründung des Deutschen
Reiches mit der Kaiserproklamation am 18. Januar 1871 stattfand, gab sich
Wagner einem radikalen Nationalismus hin. Diese Mentalität kommt nicht nur
in seinem Gedicht An das deutsche Heer vor Paris zum Ausdruck, sondern auch
in dem Kaiser-Marsch, den er damals komponierte. Für einige Zeit glaubte
Wagner sogar, er könne die Gründung des Bayreuther Festspielhauses als kul-
turelles Äquivalent zur Gründung des deutschen Reichstags deklarieren, um
für sein eigenes Projekt ebenfalls eine repräsentative gesamtdeutsche Geltung
zu beanspruchen.
481, 5-11 er sah, dass diese Deutschen in einer ganz ungeheuren Lage zwei äch-
te Tugenden: schlichte Tapferkeit und Besonnenheit zeigten und begann mit in-
nerstem Glücke zu glauben, dass er vielleicht doch nicht der letzte Deutsche sei
und dass seinem Werke einmal noch eine gewaltigere Macht zur Seite stehen
werde als die aufopfernde, aber geringe Kraft der wenigen Freunde] Unter dem
Eindruck der Siege im deutsch-französischen Krieg ließ Wagner seine Beetho-
ven-Festschrift im Jahre 1870 leitmotivisch mit der Betonung deutscher „Tapfer-
keit" ausklingen (GSD IX, 125-126). - Mithilfe der großzügigen finanziellen Un-
terstützung, die ihm durch den jungen bayerischen König Ludwig II. als Mäzen
zuteil wurde, konnte Wagner schließlich seine schon seit langer Zeit gehegten
Pläne verwirklichen, den Nibelungenstoff durch die Opern-Tetralogie Der Ring
des Nibelungen musikalisch zu gestalten und darüber hinaus auch sein Projekt
der Bayreuther Festspiele zu realisieren.
Baute sich auch vor meiner Seele der Entwurf des wahrhaften ,deutschen Thea-
ters' auf, so mußte ich doch sofort erkennen, daß ich von Innen und Außen
verlassen bleiben würde, wollte ich mit diesem Entwürfe vor die Nation treten.
Doch meint Mancher wohl, was Einem nicht geglaubt werden könne, würde
vielleicht Vielen geglaubt: es dürfte am Ende gelingen, eine ungeheuere Aktien-
Gesellschaft zusammenzubringen, welche einen Architekten beauftrüge, ein
prachtvolles Theatergebäude irgendwo aufzurichten, dem man dann kühn den
Namen eines ,deutschen Nationaltheaters' geben dürfte, in der Meinung, es
würde darin gar bald von selbst auch eine deutsch-nationale Theaterkunst sich
herausbilden" (GSD IX, 328).
480, 22-24 vielleicht der Keim und erste Lebensquell einer in ferner Zukunft
vollendeten, wahrhaft menschlichen Gesellschaft] An Wagner orientiert sich N.,
indem er in UB IV WB die leitmotivische Vorstellung formuliert, diese Gesell-
schaft könne erst in der Zukunft realisiert werden.
480, 25 in Hand und Hut treuer Menschen gelegt] Dieser Ausdruck bedeutet:
der Fürsorge oder Bewachung anvertraut.
480, 34 - 481, 1 Ein grosser Krieg der Deutschen] In der Zeit des deutsch-fran-
zösischen Krieges von 1870/71, nach dessen Ende die Gründung des Deutschen
Reiches mit der Kaiserproklamation am 18. Januar 1871 stattfand, gab sich
Wagner einem radikalen Nationalismus hin. Diese Mentalität kommt nicht nur
in seinem Gedicht An das deutsche Heer vor Paris zum Ausdruck, sondern auch
in dem Kaiser-Marsch, den er damals komponierte. Für einige Zeit glaubte
Wagner sogar, er könne die Gründung des Bayreuther Festspielhauses als kul-
turelles Äquivalent zur Gründung des deutschen Reichstags deklarieren, um
für sein eigenes Projekt ebenfalls eine repräsentative gesamtdeutsche Geltung
zu beanspruchen.
481, 5-11 er sah, dass diese Deutschen in einer ganz ungeheuren Lage zwei äch-
te Tugenden: schlichte Tapferkeit und Besonnenheit zeigten und begann mit in-
nerstem Glücke zu glauben, dass er vielleicht doch nicht der letzte Deutsche sei
und dass seinem Werke einmal noch eine gewaltigere Macht zur Seite stehen
werde als die aufopfernde, aber geringe Kraft der wenigen Freunde] Unter dem
Eindruck der Siege im deutsch-französischen Krieg ließ Wagner seine Beetho-
ven-Festschrift im Jahre 1870 leitmotivisch mit der Betonung deutscher „Tapfer-
keit" ausklingen (GSD IX, 125-126). - Mithilfe der großzügigen finanziellen Un-
terstützung, die ihm durch den jungen bayerischen König Ludwig II. als Mäzen
zuteil wurde, konnte Wagner schließlich seine schon seit langer Zeit gehegten
Pläne verwirklichen, den Nibelungenstoff durch die Opern-Tetralogie Der Ring
des Nibelungen musikalisch zu gestalten und darüber hinaus auch sein Projekt
der Bayreuther Festspiele zu realisieren.