1268 Die fröhliche Wissenschaft
ment, sondern auf einen erst noch zu erreichenden, zukünftigen Zustand der
Selbst- und Lebensbejahung, der sich nichts sehnlicher wünscht als die ewige
Wiederkehr. Die Frage nach dem „wie" suggeriert dabei offenkundig eine
höchste Affirmationsintensität, wobei deren Erreichbarkeit allerdings nicht
wirklich behauptet wird. Aus dem Wiederkunftsgedanken einen ethischen Im-
perativ zur Lebensbejahung abzuleiten, wie es manche Interpreten tun (vgl.
Wotling 2015, 127: „den Menschen in eine bejahende Richtung zu verändern"),
mutet schließlich insofern problematisch an, als es unter den Bedingungen
dieses Gedankens ja gar keine freien Entschlüsse zu bestimmten Haltungen
oder Handlungen, sondern eben nur ewig-notwendige Wiederholungen geben
kann. Vgl. auch die in Bezug auf den Wiederkunftsgedanken jede Verantwort-
lichkeit zurückweisende Überlegung aus NL 1881, 11[144], KSA 9, 496, 19-22:
„was wir auch thun werden, in unzähliger Wiederholung, es ist unschuldig.
Wenn der Gedanke der ewigen Wiederkunft aller Dinge dich nicht überwältigt,
so ist es keine Schuld: und es ist kein Verdienst, wenn er es thut."
342.
Incipit tragoedia.] Titelgleiche ,Reinschrift' mit Textvariante (vgl. NK 571,
16-19) in M III 6, 268 f. und M III 6, 266. Der Text, mit dem die 1882 erschienene
Erstausgabe von FW endete, entspricht bis auf den Titel, den „See Urmi" (571,
3) und einige typographische sowie interpunktorische Veränderungen wörtlich
Za I Vorrede 1, KSA 4, llf. Nähere Informationen - auch zu den Überarbei-
tungstendenzen - bietet der Stellenkommentar von Katharina Grätz in NK 4/1,
während sich der vorliegende Kommentar primär auf die FW-spezifischen As-
pekte konzentriert. Zarathustra tauchte zwar bereits in einigen Vorarbeiten zu
FW auf, wurde dann jedoch von N. konsequent durch andere Figuren wie etwa
den ,tollen Menschen' aus FW 125 ersetzt (vgl. Montinari 1982, 90), um ihn erst
hier, in FW 342, namentlich auftreten zu lassen. In der Neuausgabe von 1887
hat Zarathustra dann aber doch noch zwei weitere Auftritte: in FW 381 (635,
4 f.) und in FW Anhang Sils Maria (649, 16). Indem die Erstausgabe nahezu
wortidentisch mit dem Anfang des ersten Teils von Za endet, werden beide
Werke nahtlos miteinander verbunden. Der Schluss-Abschnitt von FW 1882 bil-
det damit eine Art Teaser bzw. Cliffhanger für das neue Werk. Darauf weist die
spätere Retraktation EH Za 1 explizit hin, indem FW dort zugleich insgesamt
als Ankündigung von Za gedeutet wird: „In die Zwischenzeit gehört die ,gaya
scienza', die hundert Anzeichen der Nähe von etwas Unvergleichlichem hat;
zuletzt giebt sie den Anfang des Zarathustra selbst noch" (KSA 6, 336, 6-8;
welches diese „hundert Anzeichen" sind, erfährt der Leser allerdings nicht -
ment, sondern auf einen erst noch zu erreichenden, zukünftigen Zustand der
Selbst- und Lebensbejahung, der sich nichts sehnlicher wünscht als die ewige
Wiederkehr. Die Frage nach dem „wie" suggeriert dabei offenkundig eine
höchste Affirmationsintensität, wobei deren Erreichbarkeit allerdings nicht
wirklich behauptet wird. Aus dem Wiederkunftsgedanken einen ethischen Im-
perativ zur Lebensbejahung abzuleiten, wie es manche Interpreten tun (vgl.
Wotling 2015, 127: „den Menschen in eine bejahende Richtung zu verändern"),
mutet schließlich insofern problematisch an, als es unter den Bedingungen
dieses Gedankens ja gar keine freien Entschlüsse zu bestimmten Haltungen
oder Handlungen, sondern eben nur ewig-notwendige Wiederholungen geben
kann. Vgl. auch die in Bezug auf den Wiederkunftsgedanken jede Verantwort-
lichkeit zurückweisende Überlegung aus NL 1881, 11[144], KSA 9, 496, 19-22:
„was wir auch thun werden, in unzähliger Wiederholung, es ist unschuldig.
Wenn der Gedanke der ewigen Wiederkunft aller Dinge dich nicht überwältigt,
so ist es keine Schuld: und es ist kein Verdienst, wenn er es thut."
342.
Incipit tragoedia.] Titelgleiche ,Reinschrift' mit Textvariante (vgl. NK 571,
16-19) in M III 6, 268 f. und M III 6, 266. Der Text, mit dem die 1882 erschienene
Erstausgabe von FW endete, entspricht bis auf den Titel, den „See Urmi" (571,
3) und einige typographische sowie interpunktorische Veränderungen wörtlich
Za I Vorrede 1, KSA 4, llf. Nähere Informationen - auch zu den Überarbei-
tungstendenzen - bietet der Stellenkommentar von Katharina Grätz in NK 4/1,
während sich der vorliegende Kommentar primär auf die FW-spezifischen As-
pekte konzentriert. Zarathustra tauchte zwar bereits in einigen Vorarbeiten zu
FW auf, wurde dann jedoch von N. konsequent durch andere Figuren wie etwa
den ,tollen Menschen' aus FW 125 ersetzt (vgl. Montinari 1982, 90), um ihn erst
hier, in FW 342, namentlich auftreten zu lassen. In der Neuausgabe von 1887
hat Zarathustra dann aber doch noch zwei weitere Auftritte: in FW 381 (635,
4 f.) und in FW Anhang Sils Maria (649, 16). Indem die Erstausgabe nahezu
wortidentisch mit dem Anfang des ersten Teils von Za endet, werden beide
Werke nahtlos miteinander verbunden. Der Schluss-Abschnitt von FW 1882 bil-
det damit eine Art Teaser bzw. Cliffhanger für das neue Werk. Darauf weist die
spätere Retraktation EH Za 1 explizit hin, indem FW dort zugleich insgesamt
als Ankündigung von Za gedeutet wird: „In die Zwischenzeit gehört die ,gaya
scienza', die hundert Anzeichen der Nähe von etwas Unvergleichlichem hat;
zuletzt giebt sie den Anfang des Zarathustra selbst noch" (KSA 6, 336, 6-8;
welches diese „hundert Anzeichen" sind, erfährt der Leser allerdings nicht -