Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0070
Lizenz: In Copyright
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stellenkommentar WA 2, KSA 6, S. 15-16 51

kann Bizets Oper therapeutisch wirken „Carmen: und die deprimierende Wir-
kung W's: physiologische Einsprache gegen Wagner" (NL 1888, KSA
13, 14[50], 242, 27 f., korrigiert nach KGW IX 8, W II 5, 8). In seinem Brief an
Overbeck, 29. 11. 1888 (KSB 8, Nr. 1163, S. 495) erweckt N. den Anschein, August
Strindberg habe in seiner Tragödie Fadren den Begriff der Liebe als Geschlech-
terkampf aus WA adaptiert, während im Brief vom 27. 11. 1888 an Strindberg
klar wird, dass N. sich nur über die Koinzidenz ihrer beiden Liebes-Auffassun-
gen freut (KSB 8, Nr. 1160, S. 493). Tatsächlich entstand Fadren bereits 1887.
15, 26 Todhass] Das Wort „Todhass", das bei N. in FW 377, KSA 3, 630, 28;
JGB 202, KSA 5, 125, 27; WA Nachschrift, KSA 6, 43, 34; AC 58, KSA 6, 245, 28
sowie in NL 1884, KSA 11, 25[109], 40, 18 wiederkehrt, kommt im Sprachge-
brauch des 19. Jahrhunderts als Synonym für „tödlichen Hass" zwar nicht häu-
fig vor, ist aber keine Sprachschöpfung N.s. Etwa Heinrich von Treitschke
bedient sich seiner im berüchtigten Aufsatz Unsere Aussichten gegen Heinrich
Graetz und dessen Geschichte der Juden: „welche fanatische Wuth gegen den
,Erbfeind', das Christenthum, welcher Todhaß grade wider die reinsten und
mächtigsten Vertreter germanischen Wesens, von Luther herab bis auf Goethe
und Fichte!" (Treitschke 1879b, 573).
15, 26-29 Ich weiss keinen Fall, wo der tragische Witz, der das Wesen der
Liebe macht, so streng sich ausdrückte, so schrecklich zur Formel würde, wie im
letzten Schrei Don Jose's] Die paradox klingende Wendung „tragischer Witz"
kommt bei N. nur noch in FW 95 vor: „Gesetzt, Chamfort wäre damals um
einen Grad mehr Philosoph geblieben, so hätte die Revolution ihren tragischen
Witz und ihren schärfsten Stachel nicht bekommen: sie würde als ein viel
dümmeres Ereigniss gelten und keine solche Verführung der Geister sein."
(KSA 3, 450, 1-5) In NL 1881, KSA 9, 15[68], 657 behandelt N. das Problem etwas
ausführlicher: „Hinter jeder Tragödie steckt etwas Witziges und Wider-
sinniges, eine Lust am Paradoxon, z. B. das Schlußwort der letzten tragi-
schen Oper: ,ja ich habe sie getödtet, meine Carmen, meine angebetete Car-
men!' Diese Art von Pfeffer fehlt dem Epos ganz — es ist unschuldiger und
wendet sich an kindlichere und plumpere Geister, denen alles Saure Bittre und
Scharfe noch widersteht. Tragödie ist ein Vorzeichen, daß ein Volk witzig wer-
den will, — daß der esprit seinen Einzug halten möchte."
16, 2-6 Sie glauben in ihr selbstlos zu sein, weil sie den Vortheil eines andren
Wesens wollen, oft wider ihren eigenen Vortheil. Aber dafür wollen sie jenes
andre Wesen besitzen... Sogar Gott macht hier keine Ausnahme.] Vom christli-
chen Gott heißt es in Johannes 3, 16: „Also hat GOtt die Welt geliebet, daß er
seinen eingebornen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren
werden, sondern das ewige Leben haben." (Die Bibel: Neues Testament 1818,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften