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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0071
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52 Der Fall Wagner

111) Das lässt sich leicht dahingehend deuten, dass die Liebe eine Gegenleis-
tung will, nämlich den „Glauben" der Gläubigen an Gott und an seine Liebe.
Damit erhebt er Besitzansprüche über die Gläubigen.
16, 6-8 Er ist ferne davon zu denken „was geht dich's an, wenn ich dich
liebe?" — er wird schrecklich, wenn man ihn nicht wieder liebt.] In Aus meinem
Leben. Wahrheit und Dichtung III 14 berichtet Goethe über seine Spinoza-Faszi-
nation: „Was mich aber besonders an ihn [sc. Baruch de Spinoza] fesselte, war
die gränzenlose Uneigennützigkeit, die aus jedem Satze hervorleuchtete. Jenes
wunderliche Wort: ,Wer Gott recht liebt, muß nicht verlangen, daß Gott ihn
wieder liebe,' mit allen den Vordersätzen worauf es ruht, mit allen den Folgen
die daraus entspringen, erfüllte mein ganzes Nachdenken. Uneigennützig zu
seyn in allem, am uneigennützigsten in Liebe und Freundschaft, war meine
höchste Lust, meine Maxime, meine Ausübung, so daß jenes freche spätere
Wort ,Wenn ich dich liebe, was geht's dich an?' mir recht aus dem Herzen
gesprochen ist. Uebrigens möge auch hier nicht verkannt werden, daß eigent-
lich die innigsten Verbindungen nur aus dem Entgegengesetzten folgen." (Goe-
the 1857a, 22, 219) Das „freche spätere Wort" steht in Wilhelm Meisters Lehrjah-
ren IV 9 und wird von Philine ausgesprochen: „Auf den Dank der Männer habe
ich niemals gerechnet, also auch auf deinen nicht; und wenn ich dich lieb
habe, was geht's dich an?" (Goethe 1855b, 16, 281).
16, 8-11 L'amour — mit diesem Spruch behält man unter Göttern und Menschen
Recht — est de tous les sentiments le plus egoiste, et, par consequent, lorsqu'il
est blesse, le moins genereux. (B. Constant.)] „Die Liebe ist von allen Gefühlen
das egoistischste und deshalb, wenn es verletzt wird, das am wenigsten groß-
zügige." Das Zitat wandelt leicht gekürzt eine Wendung aus Benjamin Con-
stants Roman Adolphe (1816) ab, den N., wie das Exzerpt NL 1887/88, KSA 13,
ll[307], 130 (KGW IX 7, W II 3, 69, 2-6) belegt, in der mit einem Essai von
Gustave Planche versehenen Ausgabe gelesen haben muss (vgl. Morillas Este-
ban 2008, 283 f.). Im Zusammenhang lautet der von N. in 16, 8-11 zitierte
Passus: „II y avait dans la voix et dans le ton d'Ellenore je ne sais quoi d'äpre
et de violent qui annongait plutöt une determination ferme qu'une emotion
profonde ou touchante. Depuis quelque temps elle s'irritait d'avance
lorsqu'elle me demandait quelque chose, comme si je le lui avais dejä refuse.
Elle disposait de mes actions, mais elle savait que mon jugement les dementait.
Elle aurait voulu penetrer dans le sanctuaire intime de ma pensee, pour y
briser une opposition sourde qui la revoltait contre moi. Je lui parlai de ma
situation, du voeu de mon pere, de mon propre desir; je priai, je m'emportai.
Ellenore fut inebranlable. Je voulus reveiller sa generosite, comme si l'amour
n'etait pas de tous les sentiments le plus egoiste, et, par consequent, lorsqu'il
 
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