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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0411
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392 Götzen-Dämmerung

Streifzüge eines Unzeitgemässen
Auch dieses Kapitel, das Aphorismen und Miniatur-Abhandlungen unter einem
an N.s Frühwerk (UB I-IV) erinnernden Titel vereinigt, beutet aus den Notizen
sonst ungenutztes Material zum aufgegebenen Werkprojekt „Der Wille zur
Macht" aus, vgl. im Einzelnen auch Montinari 1984, 74 f. In GD gibt es — vom
Vorwort abgesehen — nur zwei Kapitelüberschriften, die über den Inhalt des
jeweiligen Kapitels eigentlich nichts verraten — es sind dies das erste Kapitel
„Sprüche und Pfeile" und das zweitletzte „Streifzüge eines Unzeitgemässen".
Sowohl bei den „Sprüchen" als auch bei den „Streifzügen" handelt es sich um
kleinere Sammlungen von im ersten Fall 44, im zweiten 51 Kurztexten, die
thematisch einen weiten Bogen abstecken und deren gedanklicher Gesamtzu-
sammenhang sich nicht unmittelbar erschließt. In der ursprünglichen Anlage
des Textes standen die beiden Aphorismensammlungen am Anfang und am
Ende des Buches, bildeten also den Rahmen, zunächst des Spannungsaufbaus
in den „Sprüchen", dann der allmählichen Abspannung in den „Streifzügen",
die viel Zeitgemäßes unzeitgemäß perspektivieren und den zeitkritischen
Fokus auf die Deutschen zu einer Gegenwartskulturdiagnostik und -polemik
ausweiten.
Nach KSA 14, 422 firmierten im ursprünglichen Druckmanuskript vom
Sommer 1888, das die später in AC und GD differenzierten Materialien noch
gemeinsam präsentierte, die jetzigen Abschnitte Streifzüge eines Unzeitgemäs-
sen 1-18 (KSA 6, 111-123) mit dem Titel „Unter Künstlern und Schriftstellern",
die Abschnitte Streifzüge eines Unzeitgemässen 19-31 (KSA 6, 123-130) sowie
45-51 (KSA 6, 146-153) unter dem Titel „Aus meiner Aesthetik". Die Abschnitte
Streifzüge eines Unzeitgemässen 32-44 (KSA 6, 130-146) sind von N. im Okto-
ber 1888 während der Korrektur hinzugefügt worden; sie verwerten gleichfalls
älteres Material aus dem „Willen-zur-Macht"-Komplex. Vgl. N.s Brief an seinen
Verleger Constantin Georg Naumann, 04. 10. 1888, KSB 8, Nr. 1124, S. 446,
Z. 3-7: „anbei sende ich noch vier Seiten Ms., die in den letzten Abschnitt
,Streifzüge eines Unzeitgemässen' eingeschoben werden mögen. Nicht gerade
gegen das Ende hin: wir wollen die letzten 10 Nummern ungefähr die letzten
sein lassen. Aber vorher, es liegt wenig daran, wo die Einschiebung gemacht
wird."

1
Die unter „Meine Unmöglichen" (111, 3) zusammengestellten Urteile zu
antipodischen Kulturerscheinungen sind epigrammatisch verdichtet und erin-
 
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