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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0587
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564 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

seinen Autor am 23. 09. 1884 wissen, „seine — Leser (ob ,Gläubigen' weiß ich
ja nicht) recht langsam. Es ist gar nicht mehr wie zur Zeit der ,Betrachtungen',
damals griff Ihr Leserkreis sofort zu während es jetzt so zaghaft geht. Die Zeit
der Aphorismen-Bände hat Ihre Gemeinde zerstreut und nur langsam holt
,Zarathustra' sie wieder zusammen und dies geschieht um so langsamer als
die große Marktglocke, unsere Tagespresse, nur für ihre Cliquen läutet nicht
aber für den stolzen Einsiedler." (KGB III 2, Nr. 240, S. 450 f., Z. 12-19) Im
selben Brief gibt Schmeitzner an, dass sich im ersten Jahr nur 100 Exemplare
von Za verkauft hätten (gegenüber 200-250 bei den Unzeitgemässen Betrach-
tungen): „es steht ganz untrüglich fest, daß sich der Absatz Ihrer Bücher nicht
gebessert sondern verschlechtert hat" (ebd., S. 451, Z. 24 f.).
342, 12 Die Einsamkeit hat sieben Häute; es geht Nichts mehr hindurch.] Vgl.
NK KSA 6, 167, 17 f. u. NK KSA 6, 393, 21 f.
342, 19-32 Ein Drittes ist die absurde Reizbarkeit der Haut gegen kleine Stiche,
eine Art Hülflosigkeit vor allem Kleinen. Diese scheint mir in der ungeheuren
Verschwendung aller Defensiv-Kräfte bedingt, die jede schöpferische That,
jede That aus dem Eigensten, Innersten, Untersten heraus zur Voraussetzung
hat. Die kleinenDefensiv-Vermögen sind damit gleichsam ausgehängt; es fliesst
ihnen keine Kraft mehr zu. — Ich wage noch anzudeuten, dass man schlechter
verdaut, ungern sich bewegt, den Frostgefühlen, auch dem Misstrauen allzu offen
steht, — dem Misstrauen, das in vielen Fällen bloss ein ätiologischer Fehlgriff
ist. In einem solchen Zustande empfand ich einmal die Nähe einer Kuhheerde,
durch Wiederkehr milderer, menschenfreundlicherer Gedanken, noch bevor ich
sie sah: das hat Wärme in sich...] Diesen Text schickte N. Ende Dezember 1888
an seinen Verleger Naumann mit dem Hinweis: „Im 5ten Abschnitt vom Capitel
Also sprach Zarathustra ist dies an Stelle des Schlusses zu setzen, von
den Worten an Was mir am tiefsten unverwandt ist." Die ersetzte
Fassung des Schlusses lautete: „Was mir am tiefsten unverwandt ist, trat
damals rücksichtslos gegen mich in Feindschaft. Keine Ehrfurcht mehr vor
meiner Einsamkeit. Mitten in den Ekstasen des Zarathustra Hände voll Wuth
und Gift ins Gesicht r — ich schmeichle sogar, wenn ich's Gift nenne, es war
etwas Andres, es roch schlecht...' Ich berühre die unheimlichste Erfahrung
meines Lebens, etwas das meine einzige schlechte Erfahrung, die unbere-
chenbar zerstörerisch in-demselben-gewirkt in dasselbe eingegriffen hat an.
In allen Augenblicken, wo ich am Ungeheuren meines Schicksals litt, sprang
auch etwas Äußerstes von Indecenz auf mich los. Diese Erfahrung dauert nun-
mehr sieben Jahre; als ich mit der Umwerthung der Werthe fertig war,
wußte ich, daß sie nicht ausbleiben würde. — Der Psycholog fügt noch hinzu,
daß in keinen Zuständen die Wehrlosigkeit, die Unbeschütztheit größer ist.
 
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