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Wilhelm Salomon:
Wer meinen im vorhergehenden entwickelten Anschauungen zu-
stimmt, muß sich aber klarmachen, daß er damit das Zeitalter
der E. SuEssschen Grundanschauung vom Fehlen der aktiven
Hebungen verläßt. Sollte ich recht behalten, so würde die Ent-
wicklung unserer Wissenschaft dann wie die so vieler anderer den
bekannten Spiralengang annehmen. Denn wir nähern uns mit der
Annahme aktiver Hebungen von Gebirgen durch Magmaunterströ-
mungen, wenn auch in sehr veränderter Form, wieder den Anschau-
ungen, die seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts als veraltet bei-
seite geschoben waren.
Im Zusammenhang mit der Terrassenfrage taucht aber sofort auch
die Frage nach den Ursachen der süditalischen Erdbeben auf. Die
geniale Arbeitshypothese Eduard Suess’ von der einsinkenden tyrrhe-
nischen Schüssel, an deren Rändern die starken Erdbeben stattfinden
sollen, ist schon von ihrem Urheber erweitert worden, weil viele der
erschütterten Gebiete nicht so liegen, wie seine Theorie voraussetzte.
Er selbst war gezwungen, radiale Verwerfungen anzunehmen, um die
Zerstörung von Orten ganz außerhalb des Randes der Schüssel zu er-
klären (z. B. Catanzaro). Er brachte diese radialen Störungen z. T.
in Beziehung zu den vorausgesetzten Vulkanspalten der Liparen, wie
das den Anschauungen der damaligen Zeit entsprach (Antlitz der Erde,
Bd. I, S. 111). Aber die Vulkane liegen zum Teil gar nicht innerhalb
der Schüssel, sondern am Außenrande der gehobenen Schollen (Ätna, Vul-
tur). Die Tempel von Selinus an der Südküste Siziliens sind wirklich
von katastrophalen Erdbeben und nicht von Menschenhand zerstört.
Liegen doch, wie es die beigegebene, auf meine Bitte von Herrn Pfarrer
Nil in Grindelwald aufgenommene Photographie (s. Fig. 1 S. 25) deut-
lich zeigt, manchmal ganze Reihen von Säulentrommeln in Reih’ und
Glied in gleicher Anordnung. Selinus aber liegt am afrikanischen
Meere, ganz weit entfernt vom Schüsselrand. Die Straße von Messina
läuft nicht radial nach außen, sondern schiefwinklig zum Rande. Auch
eine Reihe von anderen Erdbebenstätten läßt sich nur mit Gewalt
durch Radialstörungen erklären. Das alles macht es mir wahrschein-
lich, daß an allen Rändern der gehobenen Massen durch die Differen-
tialbewegung zwischen steigenden und sinkenden, vielleicht aber auch
zwischen verschieden stark steigenden, oder verschieden stark sinken-
den Massen immer von neuem Erdbebenerschütterungen entstehen. Da-
bei ist es natürlich gleichgültig, ob in den letzten Jahrhunderten oder
Jahrtausenden, wie uns das Salmojraghi und Günther (a. a. O.) von
dem ganzen Gebiete von Rom bis nach Kalabrien gezeigt haben, auch
einmal der Sinn der Bewegungen sich zeitweise umgekehrt hat.
Wilhelm Salomon:
Wer meinen im vorhergehenden entwickelten Anschauungen zu-
stimmt, muß sich aber klarmachen, daß er damit das Zeitalter
der E. SuEssschen Grundanschauung vom Fehlen der aktiven
Hebungen verläßt. Sollte ich recht behalten, so würde die Ent-
wicklung unserer Wissenschaft dann wie die so vieler anderer den
bekannten Spiralengang annehmen. Denn wir nähern uns mit der
Annahme aktiver Hebungen von Gebirgen durch Magmaunterströ-
mungen, wenn auch in sehr veränderter Form, wieder den Anschau-
ungen, die seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts als veraltet bei-
seite geschoben waren.
Im Zusammenhang mit der Terrassenfrage taucht aber sofort auch
die Frage nach den Ursachen der süditalischen Erdbeben auf. Die
geniale Arbeitshypothese Eduard Suess’ von der einsinkenden tyrrhe-
nischen Schüssel, an deren Rändern die starken Erdbeben stattfinden
sollen, ist schon von ihrem Urheber erweitert worden, weil viele der
erschütterten Gebiete nicht so liegen, wie seine Theorie voraussetzte.
Er selbst war gezwungen, radiale Verwerfungen anzunehmen, um die
Zerstörung von Orten ganz außerhalb des Randes der Schüssel zu er-
klären (z. B. Catanzaro). Er brachte diese radialen Störungen z. T.
in Beziehung zu den vorausgesetzten Vulkanspalten der Liparen, wie
das den Anschauungen der damaligen Zeit entsprach (Antlitz der Erde,
Bd. I, S. 111). Aber die Vulkane liegen zum Teil gar nicht innerhalb
der Schüssel, sondern am Außenrande der gehobenen Schollen (Ätna, Vul-
tur). Die Tempel von Selinus an der Südküste Siziliens sind wirklich
von katastrophalen Erdbeben und nicht von Menschenhand zerstört.
Liegen doch, wie es die beigegebene, auf meine Bitte von Herrn Pfarrer
Nil in Grindelwald aufgenommene Photographie (s. Fig. 1 S. 25) deut-
lich zeigt, manchmal ganze Reihen von Säulentrommeln in Reih’ und
Glied in gleicher Anordnung. Selinus aber liegt am afrikanischen
Meere, ganz weit entfernt vom Schüsselrand. Die Straße von Messina
läuft nicht radial nach außen, sondern schiefwinklig zum Rande. Auch
eine Reihe von anderen Erdbebenstätten läßt sich nur mit Gewalt
durch Radialstörungen erklären. Das alles macht es mir wahrschein-
lich, daß an allen Rändern der gehobenen Massen durch die Differen-
tialbewegung zwischen steigenden und sinkenden, vielleicht aber auch
zwischen verschieden stark steigenden, oder verschieden stark sinken-
den Massen immer von neuem Erdbebenerschütterungen entstehen. Da-
bei ist es natürlich gleichgültig, ob in den letzten Jahrhunderten oder
Jahrtausenden, wie uns das Salmojraghi und Günther (a. a. O.) von
dem ganzen Gebiete von Rom bis nach Kalabrien gezeigt haben, auch
einmal der Sinn der Bewegungen sich zeitweise umgekehrt hat.