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Salomon-Calvi, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1925, 4. Abhandlung): Beobachtungen über Harnische — Berlin, Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.43385#0004
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4

Wilhelm SaloüoH:

1. Häufigkeit der Klüfte und Harnische.
Die beiden genannten Straßen liegen im Gebiet der Edolo-Schiefer.
welche vorwiegend aus präkarbonischen, präpermisch intensiv gefalteten
Quarzlagen-Phylliten bestehen. Andere Beobachtungen machte ich im
Gebiet der Tonaleschiefer der Valcamonica, des Veltlins und seiner
Seitentäler sowie der südlich an die Tonalelinie angrenzenden anderen
Gesteinsgruppen (z. B. Morbegnoschiefer). Durch die vorzüglichen Auf-
schlüsse an den noch sehr gut erhaltenen, im Kriege erbauten Straßen
ergab sich zunächst eine ganz unerwartete Häufigkeit der Klüfte und
Harnische. Das Gebirge ist in ganz kleinen Abständen von ihnen durch-
setzt, und zwar in der Weise, daß mehrere verschieden orientierte Systeme
sich in der mannigfaltigsten Weise durchkreuzen. Nur selten aber ge-
lang es, soweit die Messungen bisher durchgearbeitet sind, die in der
neueren Literatur (Rinne, Cloos, Bucher usw.) so viel besprochenen
Lüders’sehen Flächen nachzuweisen.1) In der Regel scheint die Zer-
klüftung anderen Gesetzen zu folgen. Ich komme darauf in der späteren
Arbeit zurück. In sehr vielen Fällen sieht man deutlich, daß das un-
homogene und verwickelt gefaltete Gebirge in unregelmäßige Schollen
zerbrochen ist, wobei dann freilich bestimmte Ebenen innerhalb kleiner
Gebiete bevorzugt sind, auf größeren Strecken aber wechseln. Sehr auf-
fällig ist die in meinem späteren Aufsatze über die Tonalelinie hervor-
zuhebende Tatsache, daß bei gleichguten Aufschlüssen die Zertrümme-
rung, Verruschelung und Harnischbildung in der unmittelbaren Nähe
der Tonalelinie ein ganz ungewöhnlich hohes Ausmaß annimmt, während
die Gallineralinie sich in dieser Hinsicht so gut wie indifferent verhält.
Das hängt damit zusammen, daß, wie ich in dem späteren Aufsatze
zeigen werde, die Tonalelinie eine tektonische Grenze allerersten Ranges
ist, während die Gallineralinie in der Tektonik des Sedimentgebirges
nur eine sekundäre Rolle spielt.
2. Verhältnis zwischen Klüften und Harnischen.
Die Begehungen an den neuen Straßen zeigten, daß in den dortigen
Gestemen ein ganz ungewöhnlicher, weit über alles Erwarten hoher
Prozentsatz der gesamten Zerreißungsflächen als geglättete Harnische
entwickelt ist. Ich habe bei der sehr großen Zahl der auf meinen 188
eng stenographierten Tagebuchseiten verzeichneten Messungen und

x) So möchte ich sie nach ihrem ersten Entdecker nennen und nicht „Mohr’sche
Linien“, wie sie gewöhnlich bezeichnet werden.
 
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