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Salomon-Calvi, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1925, 4. Abhandlung): Beobachtungen über Harnische — Berlin, Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.43385#0022
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20

Wilhelm Salomon:

Valle del Bitto di Gerola (Veltlin), unterhalb Pedesana.
* 23. Harnisch im Gneis an der Landstraße. N 37 W, 67—90 0-
fallend, also sehr stark gebogen. Streifen flach, teils N-, teils S-fallend.
Ostscholle relativ südwärts bewegt.
24. Im selben Tal, an der Landstraße unterhalb Sacco, neben neu-
erbautem Haus, große Streifenharnischwand mit undeutlichen Stufen,
N 37 O-Str., ganz steil N-fallend. Die Streifen fallen flach nach beiden
Seiten ein.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse.
Gebogene Harnischstreifen mit großen Krümmungsradien sind in
manchen Gebieten der Faltengebirge häufig. Sie deuten wohl fast immer
auf drehende Bewegungen der aneinander entlang bewegten Schollen und
beruhen darauf, daß die Scheerungsklüfte stark gefalteter Gebirge meist
mehrere Systeme bilden. Die Klüfte eines jeden dieser Systeme wird zwar
oft, aber nicht immer, untereinander grobparallel und divergent zu den
Klüften der anderen Systeme. Unter diesen Umständen können sich
die Schollen unter demselben orogenetischen Impuls nicht parallel be-
wegen, sondern in verschiedenem Sinne, und zwar in der Richtung
des geringsten Widerstandes. Bei unregelmäßiger Gestalt der Schollen
wird sich selbst für eine mechanische Einheit diese Richtung während
der Bewegung ändern können; und das kann zu Knickungen oder Krüm-
mungen der Streifen führen. Harnische mit sehr kleinen Krümmungs-
radien der Streifen sind allerdings bisher nur ganz selten in der Literatur
beschrieben worden. Kehren in ihnen die Bewegungskurven in sich
zurück (z. B. Radotin), so handelt es sich dabei vermutlich um plötz-
liche elastische Bewegungen der parallel zur Harnischfläche bewegten
Schollen. Doch sind selbst in Radotin dauernde Deformationen mit
den elastischen Bewegungen verbunden. Sowohl auf benachbarten
Harnischflächen wie auf ein und derselben Fläche können die Streifen
an verschiedenen Stellen verschieden orientiert sein.
Aus diesen Beobachtungen geht hervor, daß man die Richtung der
Harnischstreifen nicht ohne weiteres mit der Bewegungsrichtung größerer
Gebirgsschollen identifizieren darf. Auffällig konstant ist aber selbst
bei etwas verschieden orientierten Harnischen größerer Schollen die
Seite, nach der die Stufen der Harnische gekehrt sind. Bei der sehr
großen Zahl der Stufenharnische in dem hauptsächlich in der Arbeit
berücksichtigten lombardischen Alpengebiete liefern daher die Stufen-
harnische ein vorzügliches Mittel, um die relative Transportrichtung
der Schollen zu bestimmen.
 
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