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Salomon-Calvi, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1925, 4. Abhandlung): Beobachtungen über Harnische — Berlin, Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.43385#0015
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Beobachtungen über Harnische.

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Phyllite meist in einem fast unglaublichen Maße im Zickzack gefaltet,
so daß ein jeder Harnisch auf kurze Strecken ein Material von anderer
Beschaffenheit durchsetzt. Daher ist es nicht wunderbar, daß manche
Schollen zunächst in einer bestimmten Richtung bewegt, dann aber
gezwungen wurden, die Richtung zu ändern und sich selbst zu drehen.
Dann müssen die Streifen natürlich eine andere Lage annehmen oder
sich krümmen.
Derartige Richtungsänderungen und Krümmungen finden aber im
allgemeinen nie auf so kurze Strecken statt wie in den Bewegungs-
autogrammen von Sueß, Beck, Pompeckj, R. Richter und meinem
Stück von Freiberg. Das geht aus den in meinem Beobachtungsanhang
am Schlüsse dieser Arbeit aufgeführten Messungen klar hervor. Ferner
unterscheiden sich die Bewegungskurven von Radotin von den von
Richter und mir beschriebenen dadurch, daß sie dort wenigstens ein-
mal in sich selbst zurückkehren. Ich erinnere nun daran, daß bei Erd-
beben oft die Schüttung von Quellen vorübergehend oder dauernd be-
einflußt wird. Das beruht wohl zweifellos darauf, daß die Wände der
Quellspalten ihren Abstand ändern. Bei nur vorübergehender Änderung
handelt es sich um elastische Bewegungen der Schollen, bei dauernder
um bleibende Deformationen. Haben wir Schollen mit dicht aufeinander-
liegenden Wänden und bewegen sie sich mit einer den Wänden parallelen
Komponente vollständig elastisch, so sollte jeder Streifen in sich selbst
zurückkehren. Verbindet sich mit der elastischen Bewegung eine dauernde
Deformation, so können Figuren entstehen, wie sie uns durch Sueß,
Beck und Pompeckj von Radotin bekannt geworden sind. Bei meinem
Stück von Freiberg hat aber wohl wirklich eine dauernde Drehung"
der einen oder beider bewegter Schollen stattgefunden. Denn das eine
Streifensystem geht, wie hervorgehoben, oft mit einer manchmal ganz
deutlichen doppelten Knickung in das zweite über. Dagegen halte ich
es bei dem von Richter beschriebenen Stück mit seiner raschen, wenn
auch unvollständigen Rückkrümmung am Ende der Figuren für möglich,
daß hier nicht nur. eine dauernde Verschiebung stattfand, sondern auch
daß eine gewisse Elastizität der bewegten Schollen ein Rückschnellen
in die ursprüngliche Richtung hervorrief. Ob aber solche elastische
Bewegungen von sehr kleinem Ausmaße auf der Erdoberfläche als Erd-
beben zu spüren waren ? Das dürfte zum mindesten zweifelhaft sein, ja
ist mir persönlich unwahrscheinlich. Schon aus diesem Grunde möchte
ich in der Benennung den Ausdruck „Erdbeben“ vermeiden. Auf der
anderen Seite ist es höchst wahrscheinlich, daß viele wirkliche Erdbeben
die oberflächliche Erschütterung unterirdischer Bewegungen waren,
welche Harnische mit normalen geradlinigen Streifen hinterließen. Bei
 
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