Zur Windefrage.
Im nächsten Jahr wird ein Jahrhundert verflossen sein seit dem Er-
scheinen von Hugo Mohls Arbeit „über den Bau und das Winden, der
Ranken- und Schlingpflanzen“. Trotz vieler und eindringender Arbeit
bleiben auch heute noch viele Fragen über das Zustandekommen der
Windungen bei den Schlingpflanzen ungelöst; ja man kann wohl sagen,
daß grade über die Grundfragen noch durchaus keine Einigkeit erzielt
ist, und daß sogar in den letzten Jahren die Gegensätze der Auffassungen
wieder härter aufeinanderprallen als zuvor.
Unsere Studien wurden in der Absicht unternommen, gewisse Er-
fahrungen und Methoden der neueren Reizphysiologie auf die Winde-
pflanzen zu übertragen. Sie wurden im Sommer 1922 begonnen und
seitdem stets in der guten Jahreszeit fortgesetzt. Erst als wir einige
Resultate bekommen hatten, wurde uns eine Arbeit von Qlehla aus dem
Jahre 1920 bekannt, der schon zu ähnlichen Erfahrungen gekommen ist
wie wir. So haben wir zunächst kurz über die Ergebnisse seiner Arbeit
zu berichten.
Ulehla hat die kreisenden Spitzen von Pharbitissprossen vertikal
in Verlängerung der Stütze festgebunden und mehrere Stunden lang auf
dem Klinostaten derart rotieren lassen, daß die Stütze und auch die
Spitze in die Verlängerung der horizontalen Klinostatenach.se fiel. Auf
diese Weise wurde erzielt, daß alle Nachwirkungen früherer tropistischer
Reize ausklingen mußten.
Wurde nun eine solche „reizlose“ Spitze erneut in Horizontallage
gebracht, so traten in kurzer Zeit Krümmungen zweierlei Art an ihr auf,
nämlich
1. eine Einkrümmung in horizontaler Ebene, entgegengesetzt dem
Uhrzeiger, also im Sinne der für Pharbitis üblichen kreisenden
Bewegung („Seitenkrümmung“),
2. eine allmähliche Hebung des ganzen so gebildeten Bogens („Auf-
krümmung“).
Daß es sich dabei wirklich um zwei distinkte Bewegungen handelt,
hat Ulehla dadurch bewiesen, daß es ihm gelang, für beide verschiedene
Präsentations- und Reaktionszeit, verschiedene Abhängigkeit von der
Temperatur und endlich eine verschiedene Lokalisation des Maximal-
effektes nachzuweisen.
1*
Im nächsten Jahr wird ein Jahrhundert verflossen sein seit dem Er-
scheinen von Hugo Mohls Arbeit „über den Bau und das Winden, der
Ranken- und Schlingpflanzen“. Trotz vieler und eindringender Arbeit
bleiben auch heute noch viele Fragen über das Zustandekommen der
Windungen bei den Schlingpflanzen ungelöst; ja man kann wohl sagen,
daß grade über die Grundfragen noch durchaus keine Einigkeit erzielt
ist, und daß sogar in den letzten Jahren die Gegensätze der Auffassungen
wieder härter aufeinanderprallen als zuvor.
Unsere Studien wurden in der Absicht unternommen, gewisse Er-
fahrungen und Methoden der neueren Reizphysiologie auf die Winde-
pflanzen zu übertragen. Sie wurden im Sommer 1922 begonnen und
seitdem stets in der guten Jahreszeit fortgesetzt. Erst als wir einige
Resultate bekommen hatten, wurde uns eine Arbeit von Qlehla aus dem
Jahre 1920 bekannt, der schon zu ähnlichen Erfahrungen gekommen ist
wie wir. So haben wir zunächst kurz über die Ergebnisse seiner Arbeit
zu berichten.
Ulehla hat die kreisenden Spitzen von Pharbitissprossen vertikal
in Verlängerung der Stütze festgebunden und mehrere Stunden lang auf
dem Klinostaten derart rotieren lassen, daß die Stütze und auch die
Spitze in die Verlängerung der horizontalen Klinostatenach.se fiel. Auf
diese Weise wurde erzielt, daß alle Nachwirkungen früherer tropistischer
Reize ausklingen mußten.
Wurde nun eine solche „reizlose“ Spitze erneut in Horizontallage
gebracht, so traten in kurzer Zeit Krümmungen zweierlei Art an ihr auf,
nämlich
1. eine Einkrümmung in horizontaler Ebene, entgegengesetzt dem
Uhrzeiger, also im Sinne der für Pharbitis üblichen kreisenden
Bewegung („Seitenkrümmung“),
2. eine allmähliche Hebung des ganzen so gebildeten Bogens („Auf-
krümmung“).
Daß es sich dabei wirklich um zwei distinkte Bewegungen handelt,
hat Ulehla dadurch bewiesen, daß es ihm gelang, für beide verschiedene
Präsentations- und Reaktionszeit, verschiedene Abhängigkeit von der
Temperatur und endlich eine verschiedene Lokalisation des Maximal-
effektes nachzuweisen.
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