Naturwissenschaftliche Ästhetik. 5
obwohl dieser Stand vorübergehend in Wahrheit häufiger ist wie jeder
andere. Er ist es aber zu kurz, um im Gedächtnis zu bleiben. Es
handelt sich also hierbei um die einfachste Grundfrage des sogenannten
Impressionismus. Daher z. B. Pferde im Laufe mit grätschenden
Beinen dargestellt werden, auch wenn diese Stellung in Wirklichkeit
nicht vorkommt. Siehe Neue Heidelb. Jahrb. 1909 S. 100 und Preuß.
Jahrb. 1910, 140. Ein Aufsatz: Kunst im Kino von meiner Hand
ist noch ungedruckt.
2. Selb st porträts können den Beschauer niemals natürlich
an schauen, sondern haben wegen ihrer parallelen Augenstellung stets
den Blick in die Ferne gerichtet. Darum, weil der Künstler das Spiegel-
bild malt, das in allen Dingen der Wirklichkeit gleicht, nur nicht in bezug
auf die Augenstellung. Denn wenn der Maler das rechte Auge malt,
sind beide Augen auf das rechte gerichtet, also auch das rechte. Wenn
er das linke malt, auch das linke auf dieses. Folglich konvergieren nicht
beide Augen, wie sie in Wirklichkeit bei Normalsichtigen tun auf einen
Punkt, sondern sind parallel gerichtet. Sie starren in die Ferne, haben
etwas Träumerisches. Preuß. Jahrb. ebd. 140 S. 506.
3. Es ist kein Vorteil für den Maler, mit zwei Augen zu sehen,
sondern eher ein Nachteil. Grund, weil er sein Werk auf die Fläche
projiziert, auf die er nicht gleichzeitig die Bilder zweier Augen bringen
kann.
Es gibt in der Praxis mehrere Beispiele von guten Malern, die nur
ein gutes Auge hatten (Lenbach, Schönleber) ebd. S. 50f.
4. Auch sind daselbst die Gründe klargelegt, warum Bildnisse
dem Beschauer mit den Augen zu folgen scheinen, ob dieser
seine Stellung auch nach Willkür ändert. Siehe auch Heidelb. Jahrb.
1909 S. 95.
5. Die Kunst des breiten Pinsels und des Pointillierens beruht auf
der Mischung nahe aneinander grenzender, verschieden gefärbter Flächen
auf der Netzhaut, wodurch größere Farbenfrische erreicht wird als durch
substantielle Farbenmischung. Der Nachteil ist aber, daß diese Kunst
nur bei gewissen Entfernungen, die nicht jedem Auge zugänglich, ihre
Wirkung tut.
6. Das Gefühl der Farbenharmonie beruht zum großen oder
größten Teil auf der Erfahrung, nämlich der organischen Zusammen-
gehörigkeit in der lebenden Welt. So werden verschiedene Sättigungs-
grade derselben Farbe auch an menschlichen Kostümen harmonisch
empfunden, weil ähnliche Zusammenstellungen auch am Haarkleide der
obwohl dieser Stand vorübergehend in Wahrheit häufiger ist wie jeder
andere. Er ist es aber zu kurz, um im Gedächtnis zu bleiben. Es
handelt sich also hierbei um die einfachste Grundfrage des sogenannten
Impressionismus. Daher z. B. Pferde im Laufe mit grätschenden
Beinen dargestellt werden, auch wenn diese Stellung in Wirklichkeit
nicht vorkommt. Siehe Neue Heidelb. Jahrb. 1909 S. 100 und Preuß.
Jahrb. 1910, 140. Ein Aufsatz: Kunst im Kino von meiner Hand
ist noch ungedruckt.
2. Selb st porträts können den Beschauer niemals natürlich
an schauen, sondern haben wegen ihrer parallelen Augenstellung stets
den Blick in die Ferne gerichtet. Darum, weil der Künstler das Spiegel-
bild malt, das in allen Dingen der Wirklichkeit gleicht, nur nicht in bezug
auf die Augenstellung. Denn wenn der Maler das rechte Auge malt,
sind beide Augen auf das rechte gerichtet, also auch das rechte. Wenn
er das linke malt, auch das linke auf dieses. Folglich konvergieren nicht
beide Augen, wie sie in Wirklichkeit bei Normalsichtigen tun auf einen
Punkt, sondern sind parallel gerichtet. Sie starren in die Ferne, haben
etwas Träumerisches. Preuß. Jahrb. ebd. 140 S. 506.
3. Es ist kein Vorteil für den Maler, mit zwei Augen zu sehen,
sondern eher ein Nachteil. Grund, weil er sein Werk auf die Fläche
projiziert, auf die er nicht gleichzeitig die Bilder zweier Augen bringen
kann.
Es gibt in der Praxis mehrere Beispiele von guten Malern, die nur
ein gutes Auge hatten (Lenbach, Schönleber) ebd. S. 50f.
4. Auch sind daselbst die Gründe klargelegt, warum Bildnisse
dem Beschauer mit den Augen zu folgen scheinen, ob dieser
seine Stellung auch nach Willkür ändert. Siehe auch Heidelb. Jahrb.
1909 S. 95.
5. Die Kunst des breiten Pinsels und des Pointillierens beruht auf
der Mischung nahe aneinander grenzender, verschieden gefärbter Flächen
auf der Netzhaut, wodurch größere Farbenfrische erreicht wird als durch
substantielle Farbenmischung. Der Nachteil ist aber, daß diese Kunst
nur bei gewissen Entfernungen, die nicht jedem Auge zugänglich, ihre
Wirkung tut.
6. Das Gefühl der Farbenharmonie beruht zum großen oder
größten Teil auf der Erfahrung, nämlich der organischen Zusammen-
gehörigkeit in der lebenden Welt. So werden verschiedene Sättigungs-
grade derselben Farbe auch an menschlichen Kostümen harmonisch
empfunden, weil ähnliche Zusammenstellungen auch am Haarkleide der