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Vogel, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1933, 5. Abhandlung): Studien über den Schwindel — Berlin, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.43672#0024
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P. Vogel:

achten konnte, und das, was der andere beobachtete, der erste aber
nicht erleben konnte, und umgekehrt, daß dies beides zusammen
ausgetauscht und mitgeteilt eine Grunderfahrung ausmachte. Immer
wurden von Versuch zu Versuch derart sich ergänzende Grund-
erfahrungen miteinander verglichen. Nur in dieser Weise uns hin-
und herbewegend zwischen einer Geschichte des Erlebten und dem
Protokoll eines Beobachteten gelingt es, psychophysische Vorgänge
zu erfassen. Dem wissenschaftlichen Versuch ist in der Katastrophe
des schweren Schwindels eine Grenze gesetzt. Erlebnisanalyse und
Beobachtung sind in ihr unmöglich; Not und Hilfe treten an ihre
Stelle. Aber wir können das Phänomen Schwindel umkreisen, ihn
im Verlauf eines Versuches gleichsam aufkommen lassen, um seine
Entwicklung zu studieren. In diesem Sinne handeln unsere Versuche
vom Schwindel.
Experimentelle und klinische Befunde.
a) Optokinetische Versuche.
Die optokinetischen Versuche nehmen hinsichtlich der Methodik
die ausführlichen Studien M. H. Fischers und seiner Mitarbeiter
zum Ausgangspunkt.
Stellt man sich unter ein optisches Drehrad, dessen Inneres
abwechselnd mit schwarzen und weißen Streifen austapeziert ist,
und läßt dieses mit einer bestimmten mittleren Geschwindigkeit
sich drehen, so sieht man entsprechend der Drehung des Rades die
Streifen an sich vorüberziehen. Die Geschwindigkeit ist so gewählt,
daß man die Streifen noch ganz gut erkennen kann, daß aber doch
das Verfolgen der Streifen im einzelnen schon einige Mühe macht.
Sieht man einige Sekunden zu, so meldet sich ein deutliches Schwin-
delgefühl. Man spürt ein Unbehagen; ein Zug nach der Seite, nach
der das Rad sich dreht, macht unsicher im Stehen, optisch besteht
kein rechter Halt mehr, fast dreht sich alles, man kann ins Fallen
kommen. Die Vp., die dieses erlebt, hat einen ziemlich regelmäßig
schlagenden Nystagmus (kurze Phase der Drehrichtung des Rades
entgegengesetzt) und während des Versuches ändert sich ihre Hal-
tung. Stand sie bei Beginn des Versuches gerade da mit aneinander-
gesetzten Füßen, so dreht sich langsam Kopf und Rumpf in der
Drehrichtung des Rades; werden die Arme horizontal vorgestreckt,
so wandern auch diese in der Drehrichtung mit. Die Drehung kann
bis zu 90 Grad betragen und den Stand der Vp. so weit stören, daß
 
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