Studien über den Schwindel
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recht faßbar; es ist ein Augenblick der Leere, durch den man hin-
durchgeht, wenn man ihn erlebt. Plötzlich ist die neue räumliche
Einordnung da. Der psychophysische Vorgang ist durchaus ähnlich
dem der Inversion optischer Figuren.
An der Grenze beider Situationen steht der Schwindel. Zu ihm
führen beide Versuche hin, aber die Bildung der Symptome ist in
beiden ganz verschieden. Sie entspringen einer ganz verschiedenen
psychophysischen Zuordnung. Die beiden Situationen, die am Bei-
spiel der optokinetischen Versuche analysiert wurden, finden sich
nun in entsprechender Variation beim galvanischen Schwindel, beim
Drehschwindel und auch in der Klinik der Schwindelanfälle wieder.
Das geht aus der am Anfang gegebenen Darstellung des Materials
hervor. Um ihre prinzipielle Bedeutung für die Psychophysik des
Schwindels hervorzuheben, haben wir sie früher als die zwei Grund-
versuche bezeichnet. Die klinischen Beobachtungen legten es nahe,
von Äquivalenten zu sprechen, wiederum in dem prägnanten Sinne
einer psychophysischen Ablösung. Damit erhält der wohl in der
Epilepsielehre zuerst gebildete klinische Begriff des Äquivalents
einen neuen Gehalt, der uns über das Gebiet des Schwindels hinaus
von Bedeutung zu sein scheint.
Andere Lehren vom Schwindel.
Die durch die Analyse der beiden Grundversuche gewonnene
Erkenntnis, daß es sich in beiden Schwindelsituationen um psycho-
physische Konfigurationen handle, in denen Wahrnehmung und
Motorik sich in bestimmter Weise ordnen, daß zwischen diesen
beiden Ordnungen ein dynamischer Zusammenhang bestehe, derart,
daß mit dem Verschwinden der einen die andere hervortritt und,
daß beide Äquivalente seien, aber mit verschiedener Symptom-
bildung — diese These soll nunmehr geprüft werden im Gegensatz
zu bisher ausgesprochenen andern Meinungen über unser Problem.
Wir wählen dazu den galvanischen Schwindel, der oft von den ver-
schiedensten Autoren untersucht worden ist und der immer wieder
auf die Frage des Zusammenhanges von Scheinbewegungen und
motorischen Reaktionen im Schwindel führte. Dabei ergibt sich der
Vorteil, daß nach den optokinetischen nun auch die vestibulären
Versuche etwas eingehender besprochen werden können.
In seinen alten Untersuchungen über den galvanischen Schwin-
del aus dem Jahre 1871 beobachtete Hitzig, daß bei Schluß eines
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recht faßbar; es ist ein Augenblick der Leere, durch den man hin-
durchgeht, wenn man ihn erlebt. Plötzlich ist die neue räumliche
Einordnung da. Der psychophysische Vorgang ist durchaus ähnlich
dem der Inversion optischer Figuren.
An der Grenze beider Situationen steht der Schwindel. Zu ihm
führen beide Versuche hin, aber die Bildung der Symptome ist in
beiden ganz verschieden. Sie entspringen einer ganz verschiedenen
psychophysischen Zuordnung. Die beiden Situationen, die am Bei-
spiel der optokinetischen Versuche analysiert wurden, finden sich
nun in entsprechender Variation beim galvanischen Schwindel, beim
Drehschwindel und auch in der Klinik der Schwindelanfälle wieder.
Das geht aus der am Anfang gegebenen Darstellung des Materials
hervor. Um ihre prinzipielle Bedeutung für die Psychophysik des
Schwindels hervorzuheben, haben wir sie früher als die zwei Grund-
versuche bezeichnet. Die klinischen Beobachtungen legten es nahe,
von Äquivalenten zu sprechen, wiederum in dem prägnanten Sinne
einer psychophysischen Ablösung. Damit erhält der wohl in der
Epilepsielehre zuerst gebildete klinische Begriff des Äquivalents
einen neuen Gehalt, der uns über das Gebiet des Schwindels hinaus
von Bedeutung zu sein scheint.
Andere Lehren vom Schwindel.
Die durch die Analyse der beiden Grundversuche gewonnene
Erkenntnis, daß es sich in beiden Schwindelsituationen um psycho-
physische Konfigurationen handle, in denen Wahrnehmung und
Motorik sich in bestimmter Weise ordnen, daß zwischen diesen
beiden Ordnungen ein dynamischer Zusammenhang bestehe, derart,
daß mit dem Verschwinden der einen die andere hervortritt und,
daß beide Äquivalente seien, aber mit verschiedener Symptom-
bildung — diese These soll nunmehr geprüft werden im Gegensatz
zu bisher ausgesprochenen andern Meinungen über unser Problem.
Wir wählen dazu den galvanischen Schwindel, der oft von den ver-
schiedensten Autoren untersucht worden ist und der immer wieder
auf die Frage des Zusammenhanges von Scheinbewegungen und
motorischen Reaktionen im Schwindel führte. Dabei ergibt sich der
Vorteil, daß nach den optokinetischen nun auch die vestibulären
Versuche etwas eingehender besprochen werden können.
In seinen alten Untersuchungen über den galvanischen Schwin-
del aus dem Jahre 1871 beobachtete Hitzig, daß bei Schluß eines
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