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Vogel, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1933, 5. Abhandlung): Studien über den Schwindel — Berlin, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.43672#0055
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Studien über den Schwindel

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Reizgestaltung im einzelnen mit diesen Worten bezeichnet sein soll.
Prüft man mit bezug auf diese Frage das vorliegende Beobachtungs-
material, so sind einige Befunde von Bedeutung. M. H. Fischer
konnte nachweisen, daß sehr rasche, längere Umdrehungen auf dem
Drehstuhl selbst bei empfindlichen Vpn. dann nicht zu nausea-
artigen Beschwerden führen, wenn während und nach der Drehung
der Kopf der Vp. in einer bestimmten Haltung fest fixiert bleibt
(zentriert zur Achse der Drehung und um etwa 20—30 Grad vorn-
übergeneigt). Dagegen treten sehr heftige vegetative Störungen auf,
wenn der Kopf während der Drehung frei gehalten wird. Er bleibt
dann nicht zur Achse der Rotation zentriert, sondern führt „Schlin-
gerbewegungen“ aus. Eine ähnliche Wirkung haben Kopfbewe-
gungen, die unmittelbar nach der Drehung ausgeführt werden.
Diese Befunde lassen sich nicht ohne weiteres auf die Wirkung
besonders intensiver Reize zurückführen. Endlich gibt es eine Be-
rechnung der Winkelbeschleunigungen, die die Schifisbewegungen den
Passagieren erteilen, und diese zeigt, daß selbst bei schwerem See-
gang diese Winkelbeschleunigungen nur von der Größe schwellennaher
Reize für den Bogengangsapparat sind. Auch diese Angabe paßt nicht
recht zu der Annahme der besonderen Wirksamkeit intensiver Reize.
Unseren eigenen Erfahrungen (17) zu dieser Frage liegen einige
Beobachtungen bei galvanischen Schwindelversuchen zugrunde.
Reizt man den Vestibularapparat eines Menschen, wie wir das früher
beschrieben haben, mit Stromstößen von mäßiger Spannung (etwa
20—30 Volt) und einer Dauer von 2—10 Sekunden, so treten auf
einen solchen Einzelreiz hin die bekannten motorischen und senso-
rischen Erscheinungen des Schwindels ein. Vegetative Symptome
fehlen in der Regel bei einem derartigen Versuch. Das ändert sich
auch nicht, wenn einige solche Versuche in Abständen von mehreren
Minuten hintereinander vorgenommen werden. Experimentiert
man aber länger mit einer Vp. — etwa 1 Stunde lang — dann ändert
sich allmählich ihr Befinden. Der Vp. wird etwas unbehaglich zu-
mute, sie wird blaß im Gesicht und gähnt viel. Ein gewisses Ruhe-
bedürfnis macht sich geltend. Dabei kann es bleiben. Wird trotzdem
weiter experimentiert, so melden sich bald Zeichen richtiger Nausea:
Magendruck und Übelkeit, Speichelfluß und Erbrechen. Diese
Beschwerden pflegen meist länger anzuhalten; es kann Stunden
dauern, bis die Vp. sich wieder richtig wohl fühlt. Im Gesamtverlauf
einer solchen Versuchsreihe treten also nacheinander die vegetativen
Symptome in Erscheinung. Man hat gewissermaßen einen Meniere-
 
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