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Vogel, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1933, 5. Abhandlung): Studien über den Schwindel — Berlin, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.43672#0057
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Studien über den Schwindel

57

Drehversuch mit frei beweglichem Kopf die Schlingerbewegungen
des Kopfes ebenfalls eine immer neue, wiederholte Reizung des
Vestibularapparates darstellen. Endlich handelt es sich bei den
optokinetischen Versuchen gleichfalls um eine rhythmische Reiz-
form bestimmter zeitlicher Gliederung.
Diese Ergebnisse und Befunde können aber noch weiterführen,
führen, wenn sie in Zusammenhang gebracht werden mit den Er-
kenntnissen der modernen Erregungsphysiologie. (Lapicque (11),
Stein und Quincke) (14). Diese unterscheidet Nerven, die auf einen
Einzelreiz antworten, und solche, die erst auf wiederholte Reize
hin zu einem Effekt an ihrem Erfolgsorgan führen. Letztere sind
von Lapicque als iterative Nerven bezeichnet worden. Zu diesen
gehören vor allem eine Reihe von autonomen Nerven, wie die Vaso-
motoren und der Nervus vagus. Außerdem aber auch bestimmte
spinale zentralnervöse Apparate, z. B. die, die den fremdreflekto-
rischen Abläufen dienen. Alle diese Apparate haben in ausgesproche-
nem Maße die Fähigkeit zur Summation. Aber sie unterscheiden
sich voneinander durch die Zeit, innerhalb deren sie Einzelreize
bestimmter Dauer und Intensität wirksam summieren können
(sogenannte Summationszeit). Diese Summationszeit, die gegeben
ist durch die zur Errregung notwendige Gesamtzahl der Reize und
die Dauer der zwischen den Einzelreizen liegenden Intervalle,
kennzeichnet nach Lapicque neben Intensitäts- und Zeitschwelle
die Erregbarkeit dieser nervösen Systeme. Für die einzelnen ner-
vösen Apparate gibt es danach also bestimmte, in ihrer Wirkung
optimale Reizformen. Man kann sich dieser Anschauung folgend
vorstellen, daß die den vegetativen Steuerungen dienenden Apparate
des Hirnstammes solche iterativen Systeme darstellen. Damit
wäre eine physiologische Grundlage für die Tatsache gegeben, daß
für das Zustandekommen der vegetativen Symptome die Wieder-
holung der Reize eine so viel ausgesprochenere Wirkung hat als ein
Einzelreiz. Es würde weiter verständlich, daß eine in Minuten-
pausen gegliederte Reizserie bei der gleichen Reizzahl einen anderen
oder geringeren Effekt hat, als eine Serie mit Intervallen von Se-
kunden, denn die Dauer der Reizpausen ist ja ein Faktor in der
Summationszeit. Endlich könnte das besondere Hervortreten be-
stimmter vegetativer Veränderungen in der Nausea, das wir am
Anfang beschrieben, und die Aufeinanderfolge der Symptome in
der Zeit eben mit der verschiedenen Summationszeit der einzelnen
vegetativen Systeme Zusammenhängen.
 
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