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Vogel, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1933, 5. Abhandlung): Studien über den Schwindel — Berlin, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.43672#0062
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62

P. Vogel:

klinischen Zusammenhang der Magenbeschwerden und dieser vertigi-
nösen Symptome liegen recht verschiedene Angaben vor. Cursch-
mann sah Schwindel vor allem im Zusammenhang mit heftigeren
Magenschmerzen auftreten, für Trousseau ist die Leere des Magens
von besonderer Bedeutung. Im ganzen ist alles recht unklar. Man
wird natürlich heute, wo der Vestibularapparat viel besser unter-
sucht werden kann, dem alten Krankheitsbild des Magenschwindels
skeptischer gegenübertreten müssen. Nicht jeder Zustand von Syn-
kope darf so bezeichnet werden. Auch die bessere Kenntnis neuroti-
scher Störungen wird uns zur Vorsicht mahnen. Aber schließlich
haben auch diese eine Physiologie und können nicht einfach mit
Worten wie Überlagerung oder psychogene Zutat abgetan werden.
Es ist immerhin bemerkenswert, daß die Klinik an diesem Syndrom
nicht nur festgehalten hat, sondern daß es erst neuerdings von inter-
nistischer Seite her eine gewisse Erweiterung erfahren hat. v. Berg-
mann (1) hat auf die Bedeutung hingewiesen, die den Klagen über
Schwindel in der Diagnostik der Cholezystopathien zukommen kann,
und er hat mit bezug auf diese geradezu von „Vertigo a vesica fellea
laesa“ gesprochen.
Die physiologische Deutung, die diesen Phänomen gegeben
wird, ist meist die, daß die durch die pathologischen Vorgänge hervor-
gerufenen Irritationen des Magen-Darmtraktus auf dem Wege
zentripetaler autonomer Bahnen die Zentren der Medulla oblongata,
zu denen auch das Kerngebiet des Vestibularis gehört, mit in Er-
regung versetzen. Man hat deshalb alle diese Schwindelzustände
wenig klar und glücklich auch Reflexschwindel genannt. Vorbild
dieser Deutung war immer diejenige, die Head für seine bekannten
Zonen gab, daß nämlich eine vegetative Erregung ausstrahle in be-
stimmte animalische Bezirke. In diesem Sinne hat auch v. Berg-
mann den Schwindel bei Cliolezystopathie aufgefaßt. Auf weitere
Einzelheiten soll hier nicht eingegangen werden, auch nicht darauf,
inwieweit diese Vorstellung berechtigt ist.

5. Schwindel und vegetatives System in wechselseitiger
Beziehung.
Der ganze Beobachtungskreis des Magenschwindels erscheint
uns deshalb von Bedeutung, weil er zeigt, daß nicht nur der Schwindel
vegetative Veränderungen im Gefolge hat, sondern auch umgekehrt
diese zu Schwindel führen können. Die Beziehungen sind nicht ein-
seitig gerichtet, vielmehr ist ein Hin und Her, ein wechselseitiges
 
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