Metadaten

Erdmannsdörffer, Otto H.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1939, 7. Abhandlung): Die Rolle der Anatexis — Heidelberg, 1939

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43765#0069
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Rolle der Anatexis

Es kommt hiefür m. E. nur eine aus der Tiefe an das Ge-
samtsystem herantretende Energiequelle in Betracht, die Gneise
wie Amphibolite u. a. als Ganzes erfaßt, löst und mischt.
Die Frage nach der Herkunft der wirksamen Wärme (35)
führt somit in das Gebiet der Geophysik tiefergelegener Krusten-
teile, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann. Nach
der regionalen Verbreitung der Gneisbildungsvorgänge mag ein
regionales Ansteigen der Geoisothermen vorliegen, das etwa
durch den Auftrieb simatischer Tiefenmassen bedingt sein konnte.
Ist dies der Fall, so würde in tieferen Teilen des Gebietes die
anatektische Verflüssigung zunehmen und gegebenen Falles zur
Bildung von größeren Mengen von Ichor (im Sinne Sederholm’s)
und schließlich von palingenen Graniten führen müssen.
Ich glaube, daß bei den hier beschriebenen Erscheinungen in
den Gesteinen des mittleren Schwarzwaldes allochthoner magmati-
scher Ichor keine, oder nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt;
die mobilisierten Lösungen sind hier vielmehr ganz vorwiegend
autochthon 3Ü), die Gesteine sind „im eigenen Saft geschmort“,
im Sinne der „Syntexis“ von T. Barth (36). Im südlichen
Schwarzwald dagegen scheint die Entwickelung zum Palingen
weiter fortgeschritten; dieser wäre danach relativ zur Wärme-
quelle tiefer gelegen als der mittlere Teil des Gebirges. Etwas
ähnliches deutet auch Wilser an (37).
Eine „Migmatitfront“ ist aus den Verhältnissen im Schwarz-
wald als solche nicht ableitbar, da alle hier in Betracht kom-
menden Gesteine bereits „migmatitisch“ sind. Die Front könnte also
als ursprünglich höher liegend und jetzt nicht mehr vorhanden zu
denken sein.
Aus dem Nachweis der Zugehörigkeit der Kristallgranite zu
einem frühvaristischen Intrusivkomplex ergibt sich auch ein
weiteres Moment, das Beziehungen zu gewissen Gneisen er-
kennen läßt. Es wurde (S. 24) die Herausbildung von granitähn-
lichen Quertrümern im Kristallgranit beschrieben und gedeutet.
Die gleiche Erscheinung ist aber auch bei gewissen Gneisen,
z. B. denen vom Typus Büblismühle, vorhanden (S. 7).
Es wäre nun aber irrig, anzunehmen, daß der Kristallgranit da-
nach zum Gneis zu rechnen wäre; denn er enthält ja Bruchstücke
von ihm umschlossen! Wenn beide Arten von Gesteinen also in
gleicher Weise reagierten, so ergibt sich hieraus die Schluß-
80) Dieser Begriff ist hier räumlich nicht zu eng zu fassen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften