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Häfner, Heinz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1993/1994, 1. Abhandlung): Weshalb erkranken Frauen später an Schizophrenie?: vorgetragen in der Sitzung vom 13. Februar 1993 — Berlin, Heidelberg [u.a.]: Springer, 1994

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48136#0023
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Weshalb erkranken Frauen später an Schizophrenie?

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als jenes der Männer (Hambrecht et al. 1992). Die Unterschiede waren jedoch in
den Entwicklungsländern durchwegs geringer, was vermutlich darauf zurückgeht,
daß sich eine niedrigere Lebenserwartung bei den deutlich später erkrankenden
Frauen stärker auf eine Reduzierung des Altersmittels auswirkt, als bei den früh
erkrankenden Männern.
Die transnationale und transkulturelle Stabilität des Geschlechtsunterschieds im
Ersterkrankungsalter macht Erklärungen durch soziale oder psychologische Fakto-
ren, die meist kulturvariabel sind, unwahrscheinlich. Zusammen mit den negativen
Ergebnissen der von uns geprüften sozialen Erklärungsansätze macht sie dagegen
biologische Hypothesen zunächst plausibler.

Die Suche nach prüfbaren, spezifischen Erklärungshypothesen
Geschlechtsunterschiede im Verteilungsmuster des Krankheitsausbruchs
über die gesamte Altersspanne
Damit stellte sich die Aufgabe, nach prüfbaren Erklärungshypothesen für den frühe-
ren Ausbruch der Schizophrenie bei Männern und für den späteren bei Frauen auf
der biologischen Ebene zu suchen. Wir prüften zunächst, ob das epidemiologische
Verteilungsmuster des Krankheitsausbruchs nach Alter und Geschlecht Hinweise
geben konnte. Legt man die beiden frühen Definitionen von Krankheitsausbruch,
das erste Zeichen einer psychischen Störung und das erste Auftreten eines
psychotischen Symptoms, zugrunde und stellt die Verteilung von jeweils 5 Alters-
jahrgängen als prozentualen Anteil an der Gesamtheit der Ersterkrankungen über
die Altersspanne 12-59 Jahre dar (Abb. 3), so zeigen sie annähernd parallele
Verteilungsmuster. Sie entsprechen mit einer zeitlichen Verschiebung um 4-5 Jahre
nach vorne ziemlich genau den Mustern der Altersverteilung von Erstaufnahmen an
den beiden Fallregisterstichproben aus Dänemark und Mannheim. Geht man vom
frühesten Anzeichen der Krankheit aus, so zeigen Männer einen früh beginnenden
steilen Anstieg mit Gipfel zwischen 15 und 24 Jahren, danach einen fast monotonen
Abfall. Frauen zeigen einen etwas späteren Anstieg und einen flacheren Gipfel zwi-
schen 20 und 29 Jahren und danach zunächst ebenfalls einen stetigen Abfall. In der
Altersgruppe von 45-49 Jahren findet sich jedoch ein zweiter kleinerer Gipfel bei
Frauen, der gegenüber den altersgleichen Männern im Verhältnis von etwa 3:1 steht.
Dieser Unterschied und das Abweichen vom extrapolierten Trend in der Alters-
gruppe 45M-9 Jahre bei Frauen sind auf dem ,05-Niveau signifikant.
Das epidemiologische Verteilungsmuster über den weiblichen Lebenszyklus:
verzögerter Anstieg in der Jugend und zweiter Gipfel im Alter der beginnenden oder

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