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Gattermann, Ludwig; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1910, 5. Abhandlung): Die Merkaptane des Anthrachinons und eine neue Klasse schwefelhaltiger Farbstoffe (Disulfidfarbstoffe) — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.37031#0014
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Ludwig Gattermann :

50° eine Farbenveränderung unter Aufhellung ein, und nun ist
die Färbung gegen Seife beständig. Die so erhaltenen Färbungen
entsprechen der Farbe der Disulfide, so daß der ganze Färbe-
vorgang darauf beruht, daß bei niederen Temperaturen das freie
Merkaptan sich mit der Wolle vereinigt, worauf bei höherer
Temperatur eine Oxydation des Merkaptans zum Disulfid erfolgt.
Wie diese Oxydation zustande kommt, hat sich bis jetzt noch
nicht mit Sicherheit entscheiden lassen. Anfangs schien es, als
ob diese durch den Sauerstoff der Luft erfolgte. Versuche er-
gaben jedoch, daß die gleichen Ausfärbungen auch in einem
luftfreien Kohlensäurestrome erhalten werden können. Es wäre
möglich, daß die Wolle als Oxydationsmittel wirkt oder auch,
daß elementarer Wasserstoff sich abspaltet.
Die Merkaptane geben nur auf Wolle schöne Ausfärbungen.
Seide wird zwar auch angefärbt, allein wesentlich schwächer
als Wolle. Die Disulfidfarbstoffe zeichnen sich durch ein großes
Egalisierungsvermögen aus. Man braucht die Wolle ohne
dauerndes Fhuziehen mit den Merkaptanen nur unter mehrfachem
Dmschütteln zu kochen und erhält so, wenigstens im kleinen,
durchaus gleichmäßige Ausfärbungen.
Das 1-Merkaptan liefert sehr leicht ein kräftiges, reines Gold-
gelb, wobei das Bad fast vollkommen ausgezogen wird. Ganz
anders verhält sich das 2-Merkaptan. Dieses geht auch leicht
als solches auf die Wolle, wobei anfangs schmutziggelbe und
später gelbbraune Ausfärbungen entstehen. Behandelt, man
schwache Ausfärbungen mit Seife, so geht der größte Teil des
Merkaptans in Lösung, und es hinterbleibt ein wenig intensives
unansehnliches Gelb. Auch bei stärkeren Färbungen geht selbst
nach einstündigem Kochen beim Seifen viel Merkaptan herunter,
und das haftenblcibende Disulfid ist schmutzig gelbbraun gefärbt.
Diese Erscheinungen beruhen darauf, daß ja allgemein die 2-Ver-
bindungen des Anthrachinons weniger gefärbt sind als die der
1-Reihe, und daß überdies die Oxydation der 2-Merkaptane auf
der Wolle wie auch in Lösung sich bei weitem schwieriger
vollzieht als die der 1-Merkaptane. So war es z. B. auch möglich,
das 2-Merkaptan ohne Schwierigkeit durch Umkristallisieren rein
zu gewinnen. Wie das 2-Merkaptan verhalten sich auch dessen
Sulfosäuren. Führt man in das 2-Merkaptan Amidogruppen ein,
so erhält man intensive reine Ausfärbungen. Färbt man z. B.
Wolle mit l-Amino-Anthrachinon-2-Merkaptan aus, so geht letz-
 
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