Metadaten

Koenigsberger, Leo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1911, 9. Abhandlung): Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries: Rede — Heidelberg, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37065#0005
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zur Erinnerung an Jacob Friedrich Fries.

SCHLEGEL 1805 Jena verlassen, die Professur für Philosophie
übertragen — zugleich jedoch mit HEGEL, dessen Philosophie
ihm bis an sein Lebensende unsympatisch geblieben; FRIES
suchte KANT zu korrigieren, für HEGEL gab es keine Korrektur.
Trotz der gefährlichen Konkurrenz dieses geistvollen und be-
redten jungen Dozenten erwarb sich FRIES durch seine zahl-
reichen kritischen und polemischen Aufsätze die Anerkennung
immer weiterer Kreise; vor allem machte die im Jahre 1805 er-
schienene Schrift ,,Wissen, Glauben, Ahnung" seinen Namen
in ganz Deutschland rühmlichst bekannt. Überall in seinen
Arbeiten derselbe sittliche Ernst, dieselbe Tiefe der Gedanken,
derselbe freiheitliche Alut, mit dem er den ,,nach Resultaten
und schönen Gedanken haschenden Philosophen" den Fehde-
handschuh hinwirft. „Der Kritizismus hat seine Geheimnisse,
aber sie sind nicht Mysterien, sondern Arkana der inneren
Physik."
Um diese Zeit veranlaßte ihn SAViGNY, der von Marburg
aus bisweilen seinen Rat in naturrechtlichen und erkenntnis-
theoretischen Fragen in Anspruch genommen, sich für eine
Professur in Heidelberg zu melden; nach mündlichen Verhand-
lungen mit CLEMENS BRENTANO und nach Ablehnung des Rufes
von seiten HERBARTS gelang es dem Juristen HEISE, FRIES für
die ordentliche Professur der Philosophie in Heidelberg zu ge-
winnen, wo dieser um die Zeit der Wiedergeburt unserer Uni-
versität von 1805—1816 hauptsächlich durch seine reiche lite-
rarische Tätigkeit der Hochschule Ruhm und Ansehen erwarb.
Das einfache und anspruchslose Leben der Heidelberger
Gelehrtenwelt, das CREUZER uns so treffend geschildert, ent-
sprach ganz seinen Wünschen und Neigungen; nahmen doch die
sorgfältige Vorbereitung seiner Vorlesungen über Philosophie
und Geometrie, sowie die Vertiefung und Ausarbeitung seiner
philosophischen Forschungen seine Zeit vollauf in Anspruch.
Immer von neuem suchte er in seinen zahlreichen Streit-
schriften FiCHTE und SüHELLiNG entgegenzuhalten, daß der
Dualismus materieller und geistiger, natürlicher und ideeller
Weltansicht für die menschliche Erkenntnis nicht wegzuleugnen
sei, und die Physik es nur mit der materiellen Welt zu tun
habe. Aber erst, in seinem umfangreichen, 1807 in Heidelberg
erschienenen Werke „Neue Kritik der Vernunft" gab er einen
systematischen Aufbau seiner philosophischen Grundgedanken,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften