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Lenard, Philipp [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1914, 29. Abhandlung): Probleme komplexer Moleküle, 3: Oberflächenbeschaffenheit der Flüssigkeiten; Sitz elektrostatischer Ladung; Dampfkondensation — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.37452#0023
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Probleme komplexer Moleküle III.

(A. 29) 23

durch Gleichgewichtsverhältnisse bestimmt sein werden""). So ist
z. B. das Abdampfen von HCl-Molekülen aus wässeriger, ver-
dünnter Salzsäure so vorzustehen, daß zwar der allergrößte Teil
der gelösten HCl-Moleküle dissoziiert in Gestalt der komplexen
Ionen vorhanden ist und außerdem ein geringer Teil undissoziiert
komplex, daß aber ein — wenn auch wahrscheinlich sehr geringer —
Teil undissoziiert und unangelagert sich vorfindet. Diese letzteren
Moleküle von der Molekulargröße HCl sind es, welche ebenso wie
die HgO-Moleküle der Verdampfung ausgesetzt sind. Bei anderen
Substanzen, welche weniger dissoziieren, wie z. B. NHg in Wasser,
kommt die große Zahl der komplexen, ganz unverdampfbaren
Ionen in Wegfall; daher fällt die Flüchtigkeit größer aus (NHg,
Alkohol usw. in Wasser können im Gegensatz zu HCl durch Kochen
gänzlich ausgetrieben werden).
Das Fehlen der großen, den komplexen Molekülen nach Maß-
gabe ihres Volumens eigenen Molekularkräfte bei den unangelager-
ten Molekülen der flüchtigen Stoffe muß aber noch eine weitere
Folge haben. Sind nämlich die Kräfte dieser Moleküle geringer
als die der Lösungsmittelmoleküle, so müssen erstere Moleküle
an der Oberfläche sich häufen*"). Bei Wasser als Lösungsmittel
trifft dies fast für alle Molekülsorten zu**). Es kommt dann
bei den Lösungen flüchtiger Stoffe noch eine Schicht an der Ober-
fläche hinzu, welche bei den nichtflüchtigen Stoffen fehlt: eine
äußerste, an unangelagerten Molekülen des gelösten Stoffes an-
gereicherte Schicht, auf welche dann erst, nach innen zu, die
anderen Schichten folgen, welche wir m den vorhergehenden Ab-
schnitten beschrieben haben.
Aus der Erkenntnis dieser Oberflächenbeschaffenheit lassen
sich folgende Schlüsse ziehen:
a) Die lichtelektrische Wirkung ist durch flüchtige Stoffe,
stärker beeinflußt zu erwarten als durch nichtflüchtige, da die
äußerste Schicht, auf welche es hier am meisten ankommt,
wesentlich verändert ist. Hierüber liegt bisher, so viel mir be-
39) Die Größen der komplexen Moleküle sind überhaupt nicht als zeit-
lich konstant anzusehen, da die Zahl der angelagerten Moleküle von Zusammen-
stoß zu Zusammenstoß variieren kann; das Auftreten einfacher Moleküle
ohne jede Anlagerung ist ein Grenzfall hiervon.
4°) Sie werden dadurch der Verdampfung noch besonders gut zugänglich.
44) Die Oberflächenspannungen fast aller Stoffe sind kleiner als die des
Wassers; vgi. hierzu auch den Satz von QuiNCKE über die Ausbreitung
(Kapitel IV).
 
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